Was abstrakter Malerei von weniger geübten Kunstbetrachtenden oft vorgeworfen wird, macht sich Jana Hartmann in ihrer Fotografie zu eigen: Auf den ersten Blick ist in ihren Fotografien kein Motiv zu erkennen. Farben und Formen bleiben uneindeutig, erscheinen mal fließend, mal als orthogonale Struktur, mal wie die Aufnahme eines Mikroskops oder Radioteleskops. Die Fantasie des Betrachters ist gefordert, aus ihnen eine Wirklichkeit zu konstruieren. Dabei dachte doch mancher, der fotografische Blick gebe geradezu unmittelbar die Wahrheit wieder. Tut er auch, aber die Wahrheit ist eben nicht so eindeutig, wie viele meinen.
Der Titel „Mastering the Elements“ bezieht sich auf die Alchemie. Sie als goldgieriges Hexenwerk zu betrachten hält Hartmann für ein ungerechtes Missverständnis. Tatsächlich haben die Alchemisten vieles durch ihre Proto-Chemie entwickelt, von Medikamenten bis Porzellan. Das dunkle Image der Alchemisten geht auf ihren zurückhaltenden Umgang mit Erkenntnissen und den Wegen zu ihrer Entdeckung zurück. Damit stehen sie in gewissem Gegensatz zum heutigen, oft als postfaktisch bezeichneten Zeitalter. Indem jedem die zumeist digitalen Mittel zum Erkenntnisgewinn an die Hand gegeben sind, konstruieren sich Menschen ihre jeweils eigene Wahrheit. Anstatt der Elemente wird heute „die Wahrheit“ nicht mehr als naturgegeben hingenommen, sondern als Ergebnis absichtsvollen menschlichen Schaffens angesehen. Es wird nicht versucht, Gold zu schaffen, sondern sogenannte „alternative Fakten“.
Jana Hartmann. Mastering the Elements
24.7. – 12.9.2021
Alfred Ehrhardt Stiftung
Auguststr. 75
D-10117 Berlin
Tel.: +49-30-20095333
Di – So 11 – 18 Uhr
Eintritt: NN
www.aestiftung.de
Text: Jan Bykowski
Bild: Alfred Ehrhardt Stiftung
Erstveröffentlichung in kunst:art 80