Hungrig nach Kunst

8.10.2021 – 30.1.2022 | Akademie der bildenden Künste Wien

Der große Moment naht mit Riesenschritten in der österreichischen Hauptstadt. Im Oktober kehrt nun endlich wieder die Gemäldegalerie der Akademie der bildenden Künste Wien in ihr Haupthaus auf dem Schillerplatz zurück, nachdem die Bundesimmobiliengesellschaft (BIG) das Gebäude einer dringenden, aber ebenso umfassenden Restaurierung unterzogen hat. Denn der 150 Jahre alte Prachtbau fing an allen Stellen an zu bröckeln und war natürlich auch nicht mehr auf dem Stand heutiger Ausstattung. Auch baulich genügte es nicht mehr dem, was Technik gegenwärtig zu bieten hat, auch wenn das nach den Plänen des damaligen Stararchitekten Theophil Hansen errichtete Gebäude seinerzeit das non plus ultra der Architektur darstellte.

Die Sanierungs- und Restaurierungsarbeiten dauerten dreieinhalb Jahre, in denen die Akademie der bildenden Künste in verschiedene Ausweichquartiere umsiedeln musste. Das war kein einfaches Unterfangen, denkt man daran, welche unschätzbaren Gemälde in der Galerie beheimatet sind und welche unschätzbaren Kunstwerke mit dem Bau verhaftet sind. Der Monumentalbau beherbergt bekanntlich unter anderem das weltbekannte Weltgerichtstriptychon von Hieronymus Bosch. Das imposante Deckengemälde von Anselm Feuerbach prangt über der 500 Quadratmeter großen Aula.

Am 8. Oktober 2021 startet die große Eröffnungsausstellung „Hungry for Time“ der international agierenden Kuratoren „Raqs Media Collective“ in den Räumen der Gemäldegalerie in der frisch renovierten Akademie am Schillerplatz. Die drei Protagonisten Jeebesh Bagchi, Monica Narula und Shuddhabrata Sengupta sind eingeladen, die historischen Kunstsammlungen der Akademie aus einer externen Perspektive zu befragen und ihre thematischen Neuausrichtungen durch den Dialog mit zeitgenössischer Kunst zu begleiten.

Die Wiedereröffnungsausstellung bietet nun die Chance der Neubetrachtung des aktuellen Kunstdiskurses und des Bestands der Gemäldegalerie, wobei insbesondere auch die gegenwärtige Dekolonialismus-Debatte in der Kunst und der Kulturpolitik ihren Stellenwert erhält. Die beteiligten internationalen Künstler und Kuratoren arbeiten medienübergreifend in den Bereichen Installation, Skulptur, Video, Performance sowie Text an der Schnittstelle von zeitgenössischer Kunst, philosophischer Betrachtung und historischem Disput.

In „Hungry for Time“ treffen historische Werke aus dem Bestand von Gemäldegalerie, Glyptothek und Kupferstichkabinett wie von Willem van Aelst, Hieronymus Bosch, Daniel Chodowiecki, Albrecht Dürer, Thomas Ender, Maria Sybilla Merian oder Egon Schiele auf die zeitgenössischen Künstlerinnen und Künstler des „Discursive Justice Ensemble“ (Lantian Xie, Dubai), Kabelo Malatsie (Cape Town/Kapstadt), Zachary Formwalt (Amsterdam), Paul Pallavi und Devasher Rohini (Neu Delhi) sowie des Raqs Media Collective (Neu Delhi) .

Mit „Hungry for Time“, so lässt die Pressestelle der Akademie wissen, soll zum epistemischen Ungehorsam gegenüber den Kunstsammlungen der Akademie der bildenden Künste Wien eingeladen werden. Und für alle die, die nun nicht wissen, was damit gemeint ist: Der epistemische Ungehorsam richtet sich gegen das okzidentale Denken als eine Formation von Macht- und Wissensverhältnissen, in denen Anordnungen der Aussage und Praktiken der Macht strategisch miteinander verknüpft sind. (Aus: Praktiken des Ungehorsams, Tom Waibel in „ZfK – Zeitschrift für Kulturwissenschaften“, 1.2014).

Bence Fritzsche ist Chefredakteur der Zeitschtrift “atelier”.

 

 

Hungry for Time
8.10.2021 – 30.1.2022
Akademie der bildenden Künste Wien
Gemäldegalerie
Schillerplatz 3
A-1010 Wien
Tel.: +43-1-588162201
Mo + Mi – So 10 – 18 Uhr
www.akademiegalerie.at

Text: Bence Fritzsche
Bild: Akademie der bildenden Künste Wien
Ertsveröffentlichung in kunst:art 81