Gold gab ich für Eisen

16.07.2021 - 6.2.2022 | Schmuckmuseum Pforzheim

Was für eine geniale Geschäftsidee: Johann Conrad Geiß, Berliner Juwelier und Inhaber einer Eisengießerei, erkennt Anfang des 19. Jahrhunderts, dass sich Goldschmuck in der Wirtschaftskrise schlecht, der aus Eisen dagegen gut verkauft. Und so erhält er Unterstützung von Prinzessin Marianne von Preußen, die angesichts der Kriege mit Napoleon 1813 die Bürger aufruft, zur „Rettung des Vaterlands“ beizutragen, indem sie Goldschmuck gegen solchen aus Eisen eintauschen.

Die Prinzessin initiiert damit eine Mode, die nun anhand ausgewählter Preziosen in der Ausstellung „Zart wie Eisen“ im Pforzheimer Schmuckmuseum zu sehen ist. 187 Arbeiten aus der Sammlung von Judith und Klaus-Peter Thomé verdeutlichen eindrucksvoll, dass es nicht nur patriotische Gründe für die neue Mode gab. Auch der Stand der technischen Entwicklung war entscheidend, um die anspruchsvollen filigranen Entwürfe umzusetzen. Die Mode spiegelte den Geist der Zeit aus Demut und Zurückhaltung wider. Zu sehen sind Colliers mit gotischen Ornamenten, Armreife mit rankenden Blüten, Trauerbroschen. Dem Geschmack der Zeit entsprechend, finden sich Elemente aus der gotischen Architektur oder florale Ornamente aus der Antike wie Akanthus, Palmette und Weinblatt. Eisenschmuck ist auch wirtschaftlich ein Erfolgsmodell. Es gibt nicht nur die großen Gießereien in Gleiwitz und Berlin, sondern auch viele Kleinbetriebe. Phosphatreiches, und damit dünnflüssiges Eisen kommt zum Einsatz, das die filigranen, im Sandguss hergestellten Einzelteile erst ermöglicht. Kunstgeschichte ist immer auch eingebettet in Wirtschafts- und Zeitgeschichte.

 

 

Zart wie Eisen. Schmuck aus einer Privatsammlung
bis zum 6.2.2022
Schmuckmuseum Pforzheim
Jahnstr. 42
D-75173 Pforzheim
Tel.: +49-7231-392126
Di – So 10 – 17 Uhr
Eintritt: 4,50 €, erm. 2,50 €
www.schmuckmuseum.de

Text: Stefan Simon
Bild: Schmuckmuseum Pforzheim
Erstveröffentlichung in kunst:art 81