Pandemien im Fokus der Kunst

1.10.2021 – 16.1.2022 | Kunsthalle Wien Museumsquartier

Mit dem Ausbruch von COVID-19 vor fast zwei Jahren konnte anfangs niemand ahnen, dass das Virus mit seinen Mutationen die gesamte Welt in Atem halten würde und, wie es derzeit ausschaut, auch noch weiter halten wird. Aktueller könnte das Thema der in Klagenfurt geborenen und in Wien lebenden und arbeitenden Künstlerin Ines Doujak nicht sein.

Doujak setzt sich in den ausgestellten Arbeiten mit der Geschichte und den Geschichten von Pandemien auseinander. Doch ihr Interesse geht weit über die Übertragung von Viren und deren Auswirkungen auf den Menschen hinaus. Kritisch hinterfragt sie, welche Mitschuld das System des Neoliberalismus hat, in dem der Staat nur minimal über die Möglichkeit verfügt, in die freiheitliche, marktwirtschaftliche Wirtschaftsordnung einzugreifen. Bestes Beispiel dafür dürfte derzeit das Problem von bezahlbaren Wohnraum für jeden sein, insbesondere in Deutschland. Das Diktat der Wirtschaft beherrscht die Gesellschaft und die Politik. Nun hätte der weltweite Ausbruch von Corona als ein Signal der Natur an den Menschen verstanden werden können, sich zu bescheiden. Es verhallt bis heute im Nichts. Im Gegenteil, aus der Corona-Krise wird jetzt kräftig Kapital in Form einer bereits in Gang gesetzten schleichenden Inflation geschlagen.

Dieser ernsthaften Thematik nähert sich die Künstlerin mit sehr viel Charme und Humor. In ihren Werken zeichnet Doujak den Ursprung von Pandemien wie der Pest oder Cholera nach, die im Laufe der Geschichte auftraten. Die Krankheiten betrachtet sie im Zusammenhang einer globalen Ökonomie, die mit dem Kolonialismus – dessen erster Vertreter Christoph Kolumbus war – im 15. Jahrhundert begann und im Spätkapitalismus ihre Fortsetzung fand.

Seit den 1990er-Jahren entwickelt die Künstlerin eine multidisziplinäre Praxis, die Fotografie, Performance, Film und Installation umfasst. Dabei arbeitet sie mit politischer Theorie sowie mit natürlichen und vom Menschen hergestellten Objekten als Mittel, um politische Zusammenhänge sexistischer und rassistischer Stereotypen aufzulösen. Mit ihren sehr genauen tiefgründigen Recherchen in der Kombination mit einem großen erzählerischen Talent vereint Doujak Wissenschaft und Groteske. Dabei deckt die Künstlerin soziale Ausbeutungsstrukturen und Ungleichheiten in der Gesellschaft auf, die oftmals mit der Kolonialgeschichte in Verbindung stehen.

Mit der Ausstellung setzt Doujak ihre Arbeit als Künstlerin, aber auch als Sammlerin, Forscherin und Archivarin fort. Dabei kombiniert sie neue und ältere Projekte. Die ausgestellten Stoffe, Videos, Installationen und Pappmaschee-Skulpturen schaffen hierbei Verbindungen zwischen verschiedenen Orten und Zeitpunkten. Sie verdichten sich zu einer Erzählung, die die globalen Wirtschaftskreisläufe von Produktion, Ausbeutung und Konsum mit der aktuellen Pandemie verknüpfen und aufzeigen, dass es sich um ein wiederkehrendes Muster handelt, das historisch nachweisbar zur Entstehung und Verbreitung von Pandemien führt.

 

 

Nadja Naumann mag an Wien neben der spannenden Kunstszene die Wiener Hofreitschule mit ihren herrlichen Lippizanern.

 

 

Ines Doujak. Geistervölker
1.10.2021 – 16.1.2022
Kunsthalle Wien Museumsquartier
Museumsplatz 1
A-1070 Wien
Tel.: +43-1-521890
Di – So 11 – 19 Uhr, Do 11 – 21 Uhr
Eintritt: 8 €, erm. 6 €
www.kunsthallewien.at

Text: Nadja Naumann
Bild: Kunsthalle Wien Museumsquartier
Erstveröffentlichung in kunst:art 82