Die Wiederentdeckung eines „Spinat-Malers“

5.2. – 15.5.2022 | Museum im Kulturspeicher

Ludwig von Gleichen-Rußwurm, Die große Bleiche, 1889, © Foto VAN HAM Kunstauktionen / Saša Fuis

Wer kennt eigentlich Ludwig von Gleichen-Rußwurm? Wohl nur die wahren Kenner des Impressionismus, denn dieser deutsche Maler wurde zuletzt im Jahr 1918 ausgestellt; das war 17 Jahre nach seinem Tode (1836–1901). Und dass dieser als erster deutscher Impressionist geltende Künstler der einzige Enkel Friedrich Schillers war, ist wohl auch heutzutage kaum noch jemandem bekannt. Nicht nur, dass von Gleichen-Rußwurm Enkel des großen deutschen Dichters war, er war zudem Schlossherr von Grafenstein bei Hammelburg in Unterfranken und konnte sich der Freundschaft des Weimarer Großherzogs Carl Alexander rühmen.

Zur Kunst kam von Gleichen-Rußwurm erst im Alter von 33 Jahren, als er ein Studium an der Weimarer Kunstschule aufnahm, kurz nach dem Tode seiner damals ebenfalls noch jungen Frau, die im Kindbett starb. Nach dem Studium entwickelte er sich bald schon zu einem der bedeutendsten Vertreter der Landschaftsmalerei, die sich in Deutschland an ihr französisches Vorbild anlehnte. Von Gleichen-Rußwurm ließ sich wohl, so die Überlieferung, durch eine Ausstellung der Werke Claude Monets in Weimar inspirieren, von deren Lichtfülle und intensiver Farbigkeit er völlig fasziniert war. Doch obwohl von Gleichen-Rußwurm daraufhin fast im Alleingang die Einführung des Impressionismus in die deutsche Malerei vollbrachte, geriet er nach seinem Tode schon bald in Vergessenheit.

Dies will nun das Museum im Kulturspeicher Würzburg zusammen mit der Klassik Stiftung Weimar mit der Ausstellung „Landschaften im Licht“ ändern und dort die Werke Ludwig von Gleichen-Rußwurms sozusagen aus der Versenkung holen. Beide Institutionen sind im Besitze zahlreicher Werke des Künstlers, wobei der Kulturspeicher seinen Nachlass verwaltet. Nun werden also bis in den Mai dieses Jahres 25 Gemälde und über achtzig Arbeiten auf Papier im Kulturspeicher gezeigt. Dabei steht die unterfränkische Landschaft von Bonnland bei Hammelburg im Zentrum.

Doch von Gleichen-Rußwurm reiste auch viel, er war ja Aristokrat, mit entsprechendem Vermögen ausgestattet und mit einem neugierigen Blick in die Welt. Da ihm die französische Kunst es angetan hatte, ist es kein Wunder, dass er Anfang der 80er-Jahre des 19. Jahrhunderts in den damals sehr angesagten Urlaubsort Trouville an der Küste der Normandie fuhr und auch das dortige Strandleben malerisch verewigte, auch dort wieder ganz in der Tradition französischer Impressionisten wie Eugène Boudin, der eben diesen Strand von Trouville 1864 auf die Leinwand bannte.

Eine nette Überlieferung am Rande über den Künstler von Gleichen-Rußwurm ist auch, dass ihn seine Zeitgenossen wohl gelegentlich als „Spinat-Mitmaler“ bezeichneten, was wohl als humorige Annmerkung gemeint war, dass da einer gern sehr viel landschaftliches Grün in seine Bilder einbrachte. Tatsächlich sieht man auf seinen Bildern grüne Landschaften und Bäume, doch auch Menschen, gerade einfache Leute wie Bauern bei der Erntearbeit oder Frauen, die auf Wiesen Wäsche bleichen. Nach über hundert Jahren gilt es nun, einen bedeutenden Künstler des deutschen Impressionismus wiederzuentdecken.

 

Landschaften im Licht. Der Impressionist Ludwig von Gleichen-Rußwurm
5.2. – 15.5.2022
Museum im Kulturspeicher
Oskar-Laredo-Platz 1
D-97080 Würzburg
Tel.: +49-931-322250
Di 13 – 18 Uhr, Mi – So 11 – 18 Uhr, Do 11 – 19 Uhr
Eintritt: 5,50 €, erm. 3,50 €
www.kulturspeicher.de

Text: Bence Fritzsche
Bild: Museum im Kulturspeicher
Erstveröffentlichung in kunst:art 83