Sie unterläuft sämtliche Grundvorstellungen, die wir so von Bildhauerei haben: Der Japanerin Fujiko Nakaya ist das Beständige tatsächlich völlig schnuppe, das Solide, gar Unzerstörbare, das wir mit den üblichen bildhauerischen Materialien wie Stein und Bronze (und auch noch den modernen Kunststoffen und industriellen Fundobjekten) verbinden. Bildhauerei zielte stets auf Dauer und selbst wenn die Künstler seit den 1960ern mit per se bröselnden Materialien hantierten, sind spätestens heute die Restauratoren der Museen um ihre kostbar gewordenen Artefakte pflegerisch bemüht. Fujiko Nakayas Werkstoff aber ist die Flüchtigkeit selbst: der Nebel. Was ist flüchtiger als Wasserdampf? Er bildet Formen durch Kondensation, die sich mit Luftbewegung und Temperaturveränderung zumeist rasch wieder spurlos auflösen. Die spezifische Qualität des dermaßen Flüchtigen formuliert die Künstlerin so: “Nebel lässt sichtbare Dinge unsichtbar werden, während unsichtbare – wie Wind – sichtbar werden.“
Das Münchner Haus der Kunst widmet der 1933 im japanischen Sapporo geborenen Nakaya die erste Museumsschau außerhalb ihres Heimatlandes. Inspiriert vom in den 1970ern langsam aufkommenden Umweltbewusstsein entschied sie sich damals für eine Kunst ohne materiellen Bestand, vielleicht aber spielte im Hintergrund auch ein Einfluss buddhistischen Denkens hinein. Neben Nebelskulpturen und ihren Dokumentationen sind im Rahmen dieser Retrospektive auch frühe Gemälde zu sehen.
Fujiko Nakaya
8.4. – 31.7.2022
Haus der Kunst
Prinzregentenstr. 1
D-80538 München
Tel.: +49-89-21127113
Mo + Mi – So 10 – 18 Uhr, Do 10 – 22 Uhr
Eintritt: 8 €, erm. 6 € ??
www.hausderkunst.de
Text: Dieter Begemann
Bild: Haus der Kunst
Erstveröffentlichung in kunst:art 84