Blumenstilleben und Tierschädel

23.01.2022 - 22.05.2022 | Fondation Beyeler

Auf ihren Blumenbildern wollten alle immer nur Vulven sehen. Georgia O’Keeffe (1887–1986) gehört zu den Künstlerinnen der Moderne, die wohl am meisten missverstanden wurden. Sie selbst sagte dazu: „Wenn die Leute erotische Symbole in meine Bilder hineinlesen, dann sprechen sie eigentlich von ihren eigenen Angelegenheiten.“ Die ikonischen Blumenbilder, darunter auch das aktuell teuerste Bild einer Malerin, das Blumenstillleben „Stechapfel/Weiße Blüte Nr. 1“, gibt es selbstverständlich auch bei der Fondation Beyeler zu sehen. Das Bild zeigt die Blüte in extremer Vergrößerung als technisches Gebilde mit exakt berechneten Proportionen. „Man nimmt sich selten die Zeit, eine Blume wirklich zu sehen. Ich habe sie groß genug gemalt, damit andere sehen, was ich sehe.“

Dieses Zitat aus dem Jahr 1926 kann als Leitfaden für die Betrachtung von Georgia O’Keeffes Kunst und Leben herangezogen werden. Die Retrospektive mit 85 Werken der großen amerikanischen Malerin bietet die seltene Gelegenheit, das Werk O’Keeffes, das in Sammlungen außerhalb der USA kaum vertreten ist, in dieser Tiefe und Vielfalt zu entdecken. Das Frühwerk zeigt O‘Keeffes Suchbewegungen zwischen den Stilen der klassischen Moderne, das Spätwerk dagegen ein Dasein in ländlicher Abgeschiedenheit der mexikanischen Wüste mit Bildern grauer Felsformationen und ausgebleichter Tierschädel. Der Fokus richtet sich auf die besondere Art, wie sie auf ihre Umgebung blickte. Mit ihrem ganz ganz eigenen Blick in Verbindung mit ihrer respektvollen Annäherung an die Natur entwickelte sie eine individuelle, zwischen Abstraktion und Gegenständlichkeit changierende Bildsprache. Diese machte sie so zur Ikone der amerikanischen modernen Malerei.

 

 

Georgia O’Keeffe
bis zum 22.5.2022
Fondation Beyeler
Baselstr. 101
CH-4125 Riehen/Basel
Tel.: +41-61-6459700
Mo – So 10 – 18 Uhr, Mi 10 – 20 Uhr
Eintritt: 25 CHF, erm. 12,50 –20 CHF
www.fondationbeyeler.ch

Text: Stefan Simon
Bild: Fonation Beyeler
Erstveröffentlichung in kunst:art 84