Vom 19. bis 26. Juni 2022 heißt die BRAFA Art Fair ihre Besucher:innen erstmals auf der Brussels Expo willkommen: 115 sorgfältig ausgewählte Galerien laden die Besucher:innen auf eine Reise durch mehr als 5.000 Jahre Kunstgeschichte ein. Von Archäologie über zeitgenössische Kunst bis hin zu Design – die Sammler:innen haben bei 10 bis 15.000 Exponaten eine facettenreiche Auswahl. Darunter befinden sich Werke mit einer besonderen Geschichte: Manchmal ist es ihre Provenienz, ihr Bezug zu anderen Künstler:innen oder schlicht eine außergewöhnliche Anekdote.
RUEB MODERN AND CONTEMPORARY ART (AMSTERDAM)
William Degouve de Nuncques zählt zu den belgischen Symbolisten. Seine Werke stellte er regelmäßig mit der berühmten Künstlergruppe Les XX (Die Zwanzig) und La Libre Esthétique aus. Zwischen 1900 und 1902 lebte er auf Mallorca, wo er sich mit den katalanischen Künstlern Santiago Rusiñol und Joaquím Mir anfreundete. Daraus entstand in den Folgejahren ein reger Austausch zwischen spanischen und belgischen Künstlern. Degouve schuf seine farbenprächtigsten Landschaftsbilder auf Mallorca. Die wunderschöne Küste von Cala San Vicente mit ihren rosafarbigen und weißen Felsformationen faszinierte ihn besonders, was in dem oben abgebildeten Gemälde eindrucksvoll zum Ausdruck kommt.
BRUN FINE ART (LONDON, MAILAND, FLORENZ)
Dieses Ensemble trägt das Hochzeitswappen von König Victor-Emmanuel III von Italien (1869-1947) und Prinzessin Elena von Montenegro (1873-1952). Es wurde für die Taufe ihres ersten Kindes, Prinzessin Yolanda (1901-1986), kreiert. Auf dem Kannenhals prangt zudem das Wappen des Hauses Savoyen, das von 1861 bis 1946 über das Königreich Italien herrschte.
CHIALE FINE ART (RACCONIGI, PARIS)
Die Statue des Heiligen Georg ist eine Hommage an den spanischen König Philipp II., der von 1556 bis 1598 regierte. Der Künstler porträtierte Philipp als Heiligen Georg wie er in voller Kampfmontur einen Drachen tötet. Dieses Werk versinnbildlicht die Macht des spanischen Königs. Philipp II. galt als unbeugsamer Katholik, der die Osmanen in der Schlacht von Lepanto besiegte. Die Skulptur stammt aus der Sammlung des Baron de Rothschild.
GALERIE ALEXIS PENTCHEFF (MARSEILLE)
1939 entwarf Salvador Dalí auf Wunsch des amerikanischen Kunsthändlers und Surrealismus-Liebhabers Julien Levy einen Pavillon für die New Yorker Weltausstellung. Das Werk trug den Namen Dream of Venus: Säulen in Gestalt von zwei Frauenbeinen bildeten den Eingangsbereich; die Kasse – einem Fischkopf nachempfunden – lag zwischen ebendiesen. Das Projekt inspirierte Dalí zu einem Entwurf des Tableau vivant The Dream of Venus. Im Mittelpunkt stehen Weiblichkeit und die Kunst der Verführung, versinnbildlicht durch Aktbüsten, die sich mit Hilfe von Spiegeln zurechtmachen.
IGRA LIGNUM ANTIQUITÉS (MARNAND/CH)
Igra Lignum Antiquités ist auf französische Möbel und Kunstgegenstände aus dem 18. Jahrhundert und dem Empire spezialisiert. Zu den Highlights gehört diese Kommode: Sie trägt den Stempel von Pierre I Roussel (Paris, 1723-1782) und die Besitzmarke des Schlosses Châteauneuf-sur-Loire von Louis Jean Marie de Bourbon, Duc de Penthièvre (Enkel von Louis XIV. und Großvater von Louis-Philippe). Vor seinem Umzug nach Châteauneuf-sur-Loire befand sich das Möbel im Château de Rambouillet, einem Lustschloss für Fürsten, Könige, Kaiser und sogar für den Präsidenten.
CHAMBRE PROFESSIONNELLE BELGE DE LA LIBRAIRIE ANCIENNE ET MODERNE (BRÜSSEL)
Diese Bilderhandschrift von Paul Eluard besteht aus acht abstrakten Original-Gouachen, die ähnlich wie Rohrschach-Tests mittels Faltung gestaltet wurden. Jede der Gouachen ist mit mindestens einem handschriftlich verfassten Vers in Tinte versehen. Die Verse sind Teil des Résistance-Gedichtezyklus Sept poèmes d’amour en guerre (Sieben Liebesgedichte aus dem Krieg), die der französische Dichter unter dem Pseudonym Jean du Haut Ende 1943 aus dem Untergrund veröffentlichte.
DIDIER CLAES (BRÜSSEL)
Diese Kongo Yombe oder Vili Statue wurde zu Ehren eines hochrangigen Herrschers geschnitzt. Sie ist ein Sinnbild für vollkommene Schönheit. Die Skulptur stammt aus der Sammlung des bekannten französischen Schriftstellers André Gide, einem engagierten Gegner des Kolonialismus. Als er in den 1920er Jahren mit seinem Lebensgefährten Marc Allégret in den Kongo reist, ist er erschüttert über die Verachtung und Herablassung, die die meisten Weißen den Ureinwohnern entgegenbringen. Die Statue des Kongoherrschers vererbte Gide seiner Tochter, Catherine Gide.
COLLECTORS GALLERY (BRÜSSEL)
Das Ende der 1950er Jahre kennzeichnete in Belgien den Beginn einer bemerkenswerten künstlerischen Zusammenarbeit. Die Begegnung zwischen Goldschmiedestudenten der Kunstgewerbeschule der Abtei Maredsous und dem belgischen Juwelier Fernand Demaret und seiner Frau Liliane aus Brüssel bildete dafür den Ausgangspunkt. Das Ehepaar engagierte die begabtesten Schüler:innen und ließ ihnen kreative Freiheit. Diese Halskette ist eines der Meisterstücke von Claude Wesel, dem begabtesten Absolventen der Schule. Sie besteht aus 18-Karat-Gold, ist besetzt mit einer großen Opal-Dublette, Diamanten und einer Perle und besticht durch ihr abstrakt organisch-mechanisches Design.
AXEL VERVOORDT (WIJNEGEM)
Die Arbeiten von José Zanine Caldas unterstreichen die Kraft, die Naturholz innewohnt, und legen Zeugnis für die Schönheit des Materials ab. Bei seiner Arbeit geht Caldas wie ein klassischer Bildhauer vor, der einen Marmorblock in eine Statue verwandelt: Er schneidet seine Sessel aus massiven Holzelementen heraus. Als Pionier bei der Erhaltung des Waldes und des Umweltschutzes ließ Caldas immer dann einen neuen Baum pflanzen, wenn ein anderer für eines seiner Projekte gefällt wurde. Inspiriert von dem Wissen und der Geschichte der Architektur, der Philosophie und von regionalen Volksmärchen schrieb er mehrere Essays über die Beziehung zwischen den Wäldern und den Menschen in Brasilien.
GALERIE TAMÉNAGA (PARIS, TOKYO, OSAKA)
Die Französin Marie Laurencin, gegenständliche Malerin und Vertreterin des Nymphismus, bevorzugte in den 1920er Jahren anmutige Posen für ihre feinfühligen Porträts. Das Gemälde mit dem Titel Céleste entstammt der Sammlung des berühmten französischen Kunsthändlers Paul Rosenberg, der einst Georges Braque, Pablo Picasso und Henri Matisse vertrat. 1913 war Marie Laurencin die erste Künstlerin, die einen Vertrag mit dem Galeristen unterzeichnete.
GALERIE KEVORKIAN (PARIS)
Die Galerie Kevorkian ist auf Kunst des Alten Orients und der islamischen Kultur spezialisiert. Hier präsentiert sie eine „Standarte“, bestehend aus zwei Tieren. Die geflügelten Steinböcke werden von zwei liegenden Ringen zusammengehalten, durch die ein Bronzestab oder ein Stift gezogen werden konnte, um sie auf einem Träger zu befestigen. Es handelt sich um eine der charakteristischsten Kunstrichtungen Luristans und ist das Werk einer Nomadenkultur aus Reitern und Bronzegießern, die sich in der Region – dem Zagros-Gebirge im Westen des Iran – niedergelassen hatten. Die Bronzefigur ist für die Kunstproduktion der Eisenzeit in dieser Region sehr charakteristisch.
BAILLY GALLERY (GENF)
Im Sommer 1906 beschließen Georges Braque und Emile-Othon Friesz, gemeinsam nach Belgien in den Urlaub zu fahren. Bei dieser Reise entwickelten sie wesentliche expressive Elemente, die den Fauvismus kennzeichnen sollten. In Antwerpen verbrachten sie ihre Zeit am Ufer der Schelde und dort an der Hafeneinfahrt. Während sie hier völlig auf Seeansichten konzentriert arbeiteten, zielte ihr künstlerisches Interesse gleichzeitig auf die Befreiung der Farbe. Dieses von hellem Licht durchflutete Gemälde besticht durch seine freie Pinselführung und die Explosion reiner Farben. Emile-Othon Friesz stellt hiermit eine bis dahin unbekannte Ansicht des Hafens von Antwerpen vor, die er von der Terrasse des ehemaligen Kasinos Le Kursaal aus beobachtet hatte.