Tiefgang

16.7. – 30.10.2022 | Museum der Moderne Salzburg

Zufälle spielen im Leben und im künstlerischen Werk Bill Violas eine große Rolle: Als Sechsjähriger wäre er fast ertrunken, als er bei einem Familienurlaub von einem Floß fiel und im tiefen Wasser versank. Viola hatte Glück, sein Onkel rettete ihn, doch dieses Ereignis hinterließ bleibende Eindrücke und die Erkenntnis, dass es unterhalb der Oberfläche weitergeht.

Das Element Wasser hat Viola nicht mehr losgelassen, Wasser als Ursprung allen Lebens hat eine starke spirituelle Symbolkraft und steht für den Übergang vom Leben in den Tod. Als Student begann Viola sich mit religiösen Themen auseinanderzusetzen, er las in der Bibel und im Koran. Später hielt er sich eine Zeit lang gemeinsam mit mit seiner Frau Kira Perov in Japan auf und beschäftigte sich mit dem Zen-Buddhismus.

Innerhalb der Kunstgeschichte hat er sich mit den Meistern der Renaissance und des Barock, vor allem aber mit den Vanitas-Darstellungen auseinandergesetzt. Mit seinen Videos überträgt er die symbolische Bildersprache des Vergänglichen in ein zeitgemäßes Format. Im extrem langsamen Slow-Motion-Modus zwingt er den Betrachter genau hinzusehen. Wichtig sind dem Künstler, dass sowohl die Gesten als auch die Mimik von beteiligten Personen in den Videos zur Geltung kommen. Erklären möchte Bill Viola seine Videos nicht, vielmehr sollen die emotionalen und bildgewaltigen Aufnahmen, die auf großen Projektionsflächen präsentiert werden, mit dem Betrachter in einen Dialog treten.

Im Anschluss an sein Studium an der Syracuse University in New York, wo er visuelle Kunst und elektronische Musik studiert hat, zog es Viola Mitte der 1970er-Jahre nach Florenz. Als technischer Direktor bei Art/tapes/22, einem der ersten Video-Art-Studios, bot sich dem Künstler die Möglichkeit, mit für die damalige Zeit neuester Technik Erfahrungen zu sammeln. Außerdem tummelten sich dort Größen wie Nam June Paik und Bruce Nauman, die schon damals einem breiteren Publikum bekannt waren.

In seiner Videokunst beschäftigt sich Bill Viola mit den zentralen Themen des Menschseins: Wo kommen wir her? Wo gehen wir hin? Was passiert mit uns, wenn wir sterben? So wie zum Beispiel in „The Crossing“: Viola vereinigt die gegensätzlichen Elemente Feuer und Wasser zu einer Installation. Im Feuer mit seiner reinigenden Kraft brennt der Körper, bis nur noch Asche übrig bleibt.

Für seine Videoinstallationen bedient sich Viola oftmals bei den Alten Meistern: Die Idee für „The Raft“, zum Beispiel, stammt von dem Historiengemälde „Das Floß der Medusa“ von Théodore Géricault, auf dem eine Gruppe verzweifelter Schiffbrüchiger auf hoher See zu sehen ist. Die Stimmung innerhalb der Gruppe ist unterschiedlich: Einige wirken entmutigt und scheinen die Hoffnung auf Rettung bereits aufgegeben zu haben, während andere noch zuversichtlich in die Runde blicken. Viola geht mit seiner Inszenierung einen Schritt weiter: Die Gruppe wartender Menschen wird von einem starken Wasserstrahl getroffen und durcheinandergewirbelt. Dabei hat die Woge einige zu Boden gedrückt, andere versuchen standhaft der Naturgewalt zu trotzen.

Das Museum der Moderne in Salzburg widmet Bill Viola eine große Ausstellung, die sein 50-jähriges Schaffen würdigt. Für den renommierten Videokünstler ist es die erste Einzelpräsentation in Österreich.

Bill Viola
16.7. – 30.10.2022
Museum der Moderne Salzburg
Mönchsberg 32
A-5020 Salzburg
Tel.: +43-662-842220
Di – So 10 – 18 Uhr, Mi 10 – 20 Uhr
Eintritt: 10 €, erm. 6 – 8,50 €
www.museumdermoderne.at

Text: Karin Gerwens
Bild: Museum der Moderne Salzburg
Erstveröffentlichung in kunst:art 86