Besondere Form der Moderne

bis zum 21.8.2022 | S AM Schweizerisches Architekturmuseum

Es gibt idyllischere Ansichten von der Hafenstadt Neapel mit ihrem Hausberg, dem Vesuv. Aber in der Aufnahme geht es nicht um touristisch interessante Postkartenidylle, sondern um die architektonische Bestandsaufnahme einer quirligen Stadt, die man zu kennen scheint, auch wenn man noch nie dort war. Auf der besagten Fotografie stört der freie Blick über die Dächer Neapels auf den Vesuv ein 30-stöckiger Stahlbetonturm, der wie ein Fremdkörper aus der historischen Altstadt ragt. Das 1956 von der Architektin Stefania Filo Speziale entworfene Hochhaus gehört aber wie viele andere Bauten auch zu der modernen architektonischen DNA der Hafenstadt, die von vielen Epochen und Baustilen geprägt ist. Das Pariser Büro LAN (Benoit Jallon und Umberto Napolitano) und der Fotograf Cyrille Weiner haben sich in Neapel auf Spurensuche begeben und lenken den Blick in der Ausstellung „Napoli Super Modern“ auf eine Serie von modernen Gebäuden, die häufig übersehen werden. Es handelt es sich um bauliche Projekte aus dem Zeitraum 1930 bis 1960, einem Zeitraum, der zwar geprägt ist von Faschismus und dem Wiederaufbau der Nachkriegszeit, aber gerade in Neapel auch eine besondere Form der Moderne hervorgebracht hat.

Die Präsentation zeigt anhand der überzeugenden Fotografien und aussagekräftigen Miniaturmodellen, wie die Bruchstellen zwischen der historisch gewachsenen Hafenstadt und der internationalen Nachkriegsarchitektur städtebaulich empathisch geglättet wurden. Im Falle des Hochhauses mit einem vorgelagerten Bau. Der letzte Raum mit seiner imposanten Geräuschkulisse lädt auf einen 50-minütigen Spaziergang durch Neapels Gassen ein, wo der private wie öffentliche Raum stets neu verhandelt wird.

Napoli Super Modern
bis zum 21.8.2022
S AM Schweizerisches Architekturmuseum
Steinenberg 7
CH-4051 Basel
Tel.: +41-61-2611413
Di – Fr 11 – 18 Uhr, Do 11 – 20:30 Uhr, Sa + So 11 – 17 Uhr
Eintritt: 12 CHF, erm. 8 CHF
www.sam-basel.org

Text: Stefan Simon
Bild: S AM Schweizerisches Architekturmuseum
Erstveröffentlichung in kunst:art 86