Explosiv!

8.10. – 27.11.2022 | Kunsthalle Wilhelmshaven

Es beginnt mit einem Knall: Bang! Filigrane Glasbehälter beinhalten getrennt voneinander verschiedene Chemikalien, die zusammen eine explosive Mischung ergeben. Es ist still, doch man ahnt den Lärm, den die Explosion machen würde: BANG!

Katja Aufleger wurde 1983 in Oldenburg geboren und lebt heute in Berlin. Ihr Kunststudium an der Hamburger HFBK beendete sie 2013 mit ebendiesem Knall: „Bang!“ war ihre Abschlussarbeit und sie begleitet die Künstlerin in verschiedenen Versionen bis heute.

So zum Beispiel bei der Arbeit „Newton’s Cradle“ (2013), die überdimensioniert dem „Kugelstoßpendel“, das man sich auf den Schreibtisch stellen kann, nachempfunden ist. Doch auch hier sind die Kugeln aus Glas und mit Chemikalien gefüllt. „Bang!“ und auch „Newton’s Cradle“ funktionieren dabei ähnlich der bekannten Arbeit „Merda d’artista“ (1961) von Piero Manzoni. Befindet sich in der Arbeit das, was die Künstlerin behauptet? Die Künstlerin beteuert es. Prüft man es nach, so beschädigt man die Arbeit – unwiderruflich.

Katja Aufleger spielt mit Bildern, die sich im Kopf entwickeln. Ihre Kunstwerke regen die Fantasie an. Es geht ihr nicht um reale Zerstörung, sondern um den Moment davor. Was wäre, wenn? Das Kunstwerk als eingefrorener Moment vor dem großen Knall, der Film im Kopf zeigt den Moment danach. Man steht an einem Abgrund und schaut hinunter …

In ihren neuen Arbeiten dominieren Glas und Geräusche. Beides vortrefflich kombiniert in der Arbeit „Sirens (Al Wakra)“ (2019): Katja Aufleger hat in Katar eine „singende“ Wanderdüne gefilmt und Sand aus der Wüste mit nach Deutschland gebracht. Aus dem Sand der Al Wakra-Wüste hat sie Glas erzeugt und daraus Orgelpfeifen geblasen, die im gemeinsamen Konzert Geräusche ähnlich der Wanderdüne erzeugen.

Im Vergleich zu vielen anderen Arbeiten der Künstlerin, die zumindest Zerstörung implizieren, ist dieses Werk sehr sinnlich. Die singende Wanderdüne als Film, die Geräusche im Raum. Eindringlich lässt die Künstlerin einen teilhaben an einem erhabenen Augenblick – Fernweh!

In neueren Arbeiten, „Applause“ (2022) und „The Huddle“ (2022), geht es hoch hinaus: In der einen Arbeit applaudiert ein Bagger, in der anderen wispern drei Bagger mittels ihrer Schaufeln miteinander. Man hört sie deutlich klappern und Scharren, versteht sie aber nicht. Eine Verschwörung der Maschinen?

Nach Einzelausstellungen im Museum Tinguely („Gone“ 2020/21) und im Wilhelm-Hack-Museum („Schwindelerregende Höhen“ 2021) wird Katja Aufleger nun nahe ihrer Heimat in der Kunsthalle Wilhelmshaven („It’s Never Too Late to Panic“) ausstellen. Sie freut sich auf die besondere und herausfordernde Architektur der Kunsthalle und kündigt an, dass es neue, speziell für die Räumlichkeiten entwickelte Arbeiten zu sehen geben wird. So viel sei verraten: Es wird laut!

Katja Aufleger. It’s Never too Late to Panic
8.10. – 27.11.2022
Kunsthalle Wilhelmshaven
Adalbertstr. 28
D-26382 Wilhelmshaven
Tel.: +49-4421-41448
Di – So 11 – 17 Uhr, Do 11 – 20 Uhr
Eintritt: 4 €, erm. 2 €
www.kunsthalle-wilhelmshaven.de

Text: Mathias Fritzsche
Bild: Kunsthalle Wilhelmshaven
Erstveröffentlichung in kunst:art 87

Über Mathias Fritzsche 114 Artikel
Ein Thema jagt das nächste: Der Wochengipfel hält ein oder zwei Themen fest und bringt sie in Erinnerung. Was war vergangene Woche so wichtig, dass man Schnappatmung bekam und ist diese Woche dennoch schon vergessen? Oder über welche Nachricht hat man sich so gefreut, dass man auf den Balkon ging und die Nachricht für die ganze Welt in den Abendhimmel geschrien hat?