Perspektivenwechsel

3.9. – 6.11.2022 | PHOXXI – Haus der Photographie temporär

2015 wurden die Odesa Photo Days gegründet, ein Festival für zeitgenössische Fotografie, das sich zum Ziel setzt, ukrainische Fotografie in einen internationalen kulturellen Kontext zu stellen. Seit Anfang 2022 ist die Ukraine tragischerweise auf ganz andere Weise in den Fokus des Weltgeschehens gerückt und macht das Engagement der Kuratoren Kateryna Radchenko und Ingo Taubhorn umso bemerkenswerter, nun nicht in Schockstarre oder Resignation zu verfallen, sondern eine Neujustierung vorzunehmen. Gezeigt werden nun keine Arbeiten mehr, die vor Kriegsbeginn entstanden sind, sondern ganz bewusst Werke, die während des Krieges, genau jetzt entstanden sind und das aktuelle Leben der ukrainischen Bevölkerung mit all seiner Wut, Verzweiflung und Leugnung, aber auch mit all seinen Facetten an Akzeptanz, Anpassung und neuen Modi an Verhaltensmustern aufzeigen.

Wenn Pavlo Dorogoy etwa mit seiner Fotografie von 2022 das Innenleben eines Straßenbahn-Waggons zeigt – die Fenster sind mit Fetzen verhangen, die Bänke mit Bettzeug hergerichtet und auf einem Schlafplatz thronend halten zwei kleine Kuscheltiere Wache – dann zeugt dies von einer unglaublichen “metaphorischen Gewalt”, wie sie Martin Seels einst beschrieb. Aufnahmen wie diese schockieren, wirken brutal, bedrohlich und surreal, erscheinen ihrerseits als gewaltsam, obwohl ihnen keine Darbietung von Gewaltvorgängen innewohnt.

The New Abnormal
3.9. – 6.11.2022
PHOXXI – Haus der Photographie temporär
Deichtorstr. 1–2
D-20095 Hamburg
Tel.: +49-40-321030
Di – So 11 – 18 Uhr
Eintritt: 8 €, erm. 5 €
www.deichtorhallen.de

Text: Dr. Denise Susnja
Bild: PHOXXI – Haus der Photographie temporär
Erstveröffentlichung in kunst:art 87