Eigenständiges Werk

5.11.2022 – 12.2.2023 | Kunsthalle Nürnberg

Kräftige Farben überall, die an Bonbons oder Kinderspielzimmer erinnern. Einfache Formen, die der Kurator des Kunstmuseums Sankt Gallen, Konrad Bitterli, „Wurstformen“ nennt. Einfachste Autos, die aussehen, als ob sie aus wenigen Legosteinen zusammengebaut wurden. Doch den Bildern fehlen dafür die Kanten, alles sieht abgerundet aus, als käme es aus Entenhausen. Zusammengefasst: Bunt, wurstig, comicesk.

Andreas Schulze wurde 1955 in Hannover geboren und studierte zunächst von 1976 bis 1978 an der Gesamthochschule in Kassel Malerei, um dann bis 1983 an der Kunstakademie Düsseldorf weiter zu studieren und als Meisterschüler von Dieter Krieg sein Studium abzuschließen. Heute lebt und arbeitet Schulze in Köln und ist Professor für Malerei an der Kunstakademie Düsseldorf.

Viele Kritiker und Kuratoren tun sich schwer damit, die Kunst von Andreas Schulze einzusortieren. Den „Jungen Wilden“ hat er sich nach kurzer Zeit entzogen, sodass diese Last nicht auf ihm ruht. Einzigartig, eigenständig, eigenwillig sind typische Attribute, die ihm verliehen werden. Tatsächlich scheint er auf der Klinge eines Rasiermessers zu wandeln, ohne herunterzufallen: seine Werke sind nicht realistisch und zugleich doch, die Bilder sind kitschig und auch nicht, naiv und doch komplex, beruhigend und bedrohlich, eckig und rund …

Andreas Schulze hat Werke geschaffen, die gleichzeitig Gemütlichkeit und Unbehagen ausdrücken. Autos, die Bewegung suggerieren, doch einfach nur stillstehen. Rohre, die an der Oberfläche von wogenden Wellen verlaufen. Alles sieht ganz einfach aus und ist es zugleich dann doch nicht …

Dem Wahlkölner ist es zudem gelungen, seinen Stil beizubehalten und sich dennoch weiterzuentwickeln. Betrachtet man seine Bilder der 1980er- und 1990er-Jahre, so erkennt man schon seinen typischen Stil. Doch seine heutigen Werke sind besser strukturiert, konsequenter in der Linie und zeugen von einer Sicherheit und Zielstrebigkeit, die er damals noch nicht in dem Maße zu haben schien.

In der Kunsthalle Nürnberg zeigt Andreas Schulze im großen Saal seine Serie „Stau“, bei der ein Auto hinter dem anderen steht und sich nichts bewegt. Die Symbole der Mobilität und der Fortschrittsgläubigkeit sind ad absurdum geführt. Sie stehen im Stau und stinken! Dabei ist es gleich, ob es sich um einen Sportwagen, Kleinwagen oder ein Wohnmobil handelt. Der Deutschen liebstes Kind steht nutzlos herum.

Andreas Schulze. On Stage
5.11.2022 – 12.2.2023
Kunsthalle Nürnberg
Lorenzer Str. 32
D-90402 Nürnberg
Tel.: +49-911-2312853
Di – So 11 – 18 Uhr, Mi 11 – 20 Uhr
Eintritt: 5 €, erm. 2,50 €
www.kunstkulturquartier.de/kunsthalle

Text: Mathias Fritzsche
Bild: Kunsthalle Nürnberg
Erstveröffentlichung in kunst:art 88

Über Mathias Fritzsche 117 Artikel
Ein Thema jagt das nächste: Der Wochengipfel hält ein oder zwei Themen fest und bringt sie in Erinnerung. Was war vergangene Woche so wichtig, dass man Schnappatmung bekam und ist diese Woche dennoch schon vergessen? Oder über welche Nachricht hat man sich so gefreut, dass man auf den Balkon ging und die Nachricht für die ganze Welt in den Abendhimmel geschrien hat?