Das All-Tägliche in der Kunst

19.11.2022 – 5.2.2023 | Wiener Secession

Sein künstlerisches Können ist umfassend. So betätigt sich der Schweizer Jean-Frédéric Schnyder mit seinen Mitte 70, seit Ende der 1960er-, Anfang der 1970er-Jahre, als Maler, Grafiker, Fotograf, Objekt- und Installations- sowie Konzeptkünstler. Daher verwundert weder die Vielzahl noch die Vielfalt seines Œuvres. Inhärent ist seinem Schaffen ein alltagstauglicher Ansatz. Gleichzeitig sind seine Themen kunsthistorisch betrachtet wiederum beinahe als traditionell einzuordnen.

Als Autodidakt orientierte sich Schnyder zu Beginn seines künstlerischen Schaffens an Künstlern wie Marcel Duchamp oder Walter de Maria. Sie boten in den frühen 1970er-Jahren für ihn als „Nichtkünstler“, über die Konzeptkunst, neue Möglichkeiten der Herangehensweise zur und mit der Kunst. Seine Inspiration fand er durch einen Künstler, der sich der Vedutenmalerei widmete. Möglicherweise als Hommage schuf er Anfang der 1980er-Jahre, mit ausreichend künstlerischer Erfahrung und Können, die aus 128 kleinformatigen Bildern bestehende Serie der „Berner Veduten“ und Mitte der 1990er-Jahre die Serie „Thunersee“, mit 38 kleinformatigen Gemälden.

Seinen „malerischen Weg“ schlug Schneyder in den 1970ern ein. Ohne geschultes technisches Können und mit Hilfe von Schablonen anderer Künstlerinnen oder Künstler wie Margret Rufener stellte er sich der künstlerischen Herausforderung von Stillleben und Landschaftsmalerei. Dabei greift der Künstler auf Authentisches und Unmittelbares zurück. Die Eindrücke, die ihm in seinem Alltag erfährt, inspirieren ihn. So entstehen Werke, die vielleicht als trivial in Sujet und Gestaltung angesehen werden können, doch in ihrer Schlichtheit und Alltagsauthentizität einen kunstvollen Eindruck hinterlassen.

Neben der Malerei hat Jean-Frédéric Schnyder sich auch dem Schnitzen von Holzskulpturen oder Miniaturen, ebenso der Kunst von Kollagen oder Installationen gewidmet. Sogar Materialien wie Salzteig, Keramik oder das Zinnlöten waren für ihn gerade wegen ihrer vermeintlichen Banalität nützliche Bestandteile, um zeitlose Kunst zu schaffen. Für den Künstler ist die Frage der Form ursächlich für die Umsetzung seines (künstlerischen) Gedankens. Denn es geht ihm vor allem um die Vermittlung seiner Interpretation des Alltäglichen. So handelt Schnyder nachhaltig; auch wenn er durch langatmige Bearbeitung seiner Werke durchaus nicht haushaltend mit seinen eigenen Ressourcen umgeht, kann er durch seine vielseitigen künstlerischen Metiers die ihm zur Verfügung stehenden Materialien mannigfach einsetzen.

Mit seinem Werk „Hüter der Schwelle“ (2012–2014) wandelt Schnyder 22 Kartons in eine LED-Lichtinstallation um. Die auf dünnen langen Füßen und mit kleinen quadratischen Kartonboxen wie Roboter-Lampen im Stile der 60er-Jahre anmutenden Karton-Werke erinnern trotz ihrer Umfunktionierung an das, was sie sind: Transportbehälter zum Beispiel für Bananen oder Umzugskartons. Dass Simplizität und kunstvoller Anspruch sich nicht widersprechen, wird in den Werken Jean-Frédéric Schnyders deutlich.

Jean-Frédéric Schnyder
19.11.2022 – 5.2.2023
Wiener Secession
Friedrichstr. 12
A-1010 Wien
Tel.: +43-1-5875307
Di – So 10 – 18 Uhr
Eintritt: 9,50 €, erm. 6 €
www.secession.at

Text: Margarethe Nießen
Bild: Wiener Secession
Erstveröffentlichung in kunst:art 88