Fragile Wirklichkeiten

14.1. – 12.2.2023 | Kunsthalle Faust

Es gibt Menschen, die wären gerne „Weltgestalter“. Ein solcher Möchtegern hält gerade in Osteuropa die Welt in Atem. Und es gibt Menschen, die sind wirklich „Weltgestalter“, bleiben dabei aber viel bescheidener. Till Nowak gestaltet Welten, hat sich aber entschlossen, das nur für Hollywood (zum Beispiel „Black Panther“ und „The Lion King“) und seine Kunst zu machen.

Till Nowak wurde 1980 in Bonn geboren und hat sich früh auf digitale Kunst und digitale Arbeiten spezialisiert. In eigenen Filmproduktionen hat er schon früh begeistert und man sollte sich zumindest folgende zahlreich prämierte Kurzfilme auf Youtube unbedingt anschauen: „The Centrifuge Brain Project“ (2011) und „Dissonance“ (2015). 2015 zog Till Nowak in die USA, um dort bei amerikanischen Filmproduktionen mitzuarbeiten. Seitdem hat er an zahlreichen Blockbustern mitgearbeitet als „World Creator“.

Neben seinen eigenen Filmen und den Arbeiten als „World Creator“ hat Till Nowak, der aus einer Künstlerfamilie stammt, nie seine Kunst vergessen. Seine frühen Arbeiten beschäftigen sich besonders mit Medienkritik, so zum Beispiel der „Multinavigator 3000“ (2011), bei dem man als Fußgänger einen fahrbaren Ständer mit 35 mobilen Navigatoren mitnimmt, oder aber „Dishes“ (2009), das Bild eines Hochhauses, bei dem nach oben hin die Satellitenschüsseln wie bei einem Pilzbefall überhand nehmen, bis das Haus nicht mehr sichtbar ist.

In seinen neuen Arbeiten (Videoarbeiten und Digitalprints) beschäftigt sich Till Nowak mit der Frage, was Wirklichkeit ist und was Manipulation. Welten, die sein könnten, es aber nicht sind, und echte Welten, deren Existenz zerbrechlich ist. Der Künstler wird zur Ausstellung mit den Worten zitiert: „Die Wahrheit ist viel fragiler, als ich dachte“ und bezog das durchaus auf die jüngsten Entwicklungen in der Welt. Ein Satz, dem sich wohl viele anschließen können, geraten doch Dinge, an die wir uns gewöhnt haben, wie Frieden in Europa, ins Wanken.

Ins Wanken geraten in den Digitalprints von Nowak auch die Menschen, die jeweils auf ihrer eigenen Spur gehen, versuchen die Balance zu halten und keine Chance haben, anderen zu begegnen. Vermutlich zum Glück, ist doch auf ihrer individuellen Spur gar kein Platz für einen Zweiten.

Die Ausstellung in der Kunsthalle Faust wird von Claus Friede, der schon lange mit Till Nowak zusammenarbeitet, kuratiert. Sowohl Bilder als auch Videoarbeiten des Künstlers seit 2017 werden präsentiert.

Till Nowak. Verwirklichkeit
Video-Kunst und digital generierte Bildwerke
14.1. – 12.2.2023
Kunsthalle Faust
Zur Bettfedernfabrik 3
D-30451 Hannover
Tel.: +49-511-455001
Fr 16 – 20 Uhr, Sa + So 14 – 18 Uhr
Eintritt: 5 €, erm. 3 €
www.kulturzentrum-faust.de

Text: Mathias Fritzsche
Bild: Kunsthalle Faust
Erstveröffentlichung in kunst:art 89

Über Mathias Fritzsche 113 Artikel
Ein Thema jagt das nächste: Der Wochengipfel hält ein oder zwei Themen fest und bringt sie in Erinnerung. Was war vergangene Woche so wichtig, dass man Schnappatmung bekam und ist diese Woche dennoch schon vergessen? Oder über welche Nachricht hat man sich so gefreut, dass man auf den Balkon ging und die Nachricht für die ganze Welt in den Abendhimmel geschrien hat?