Polare Seidenstraße

14.1. – 2.4.2023 | Alfred Ehrhardt Stiftung

Ein bisschen verrückt muss man schon sein, wenn man sich wie der 1980 geborene Gregor Sailer auf die Pfade der Handelsroute über den Nordpol begibt, um bei Temperaturen von bis zu -55 °C zu arbeiten. Das zwar Bekannte, aber für die Allgemeinheit oft Unsichtbare macht er mit seinen fotografischen Langzeitprojekten – zuvor schon in Serien wie „Subraum“ (2004–2005) oder “Aqua” (2012) – zugänglich. Wissbegier scheint ein Habitus, eine tugendhafte Gewohnheit zu sein, der Sailer ausdauernd und konsequent nachgeht. Wie wenig seine Arbeit mit schnelllebigen Schnappschüssen zu tun hat, sieht man jetzt in Berlin, wo man seine fotografischen Narrative der neuen Werkreihe „Polar Silk Road” von leiser und doch imposanter Bildästhetik erleben kann.

Zwischen 2017 und 2021 arbeitete Sailer in der Arktis, bereiste dabei Kanada, Norwegen, Grönland und Island und begab sich indes in ein klimatisch wie geopolitisch höchst komplexes Umfeld: Seine Arbeiten sind konträr , indem ihnen zwar das Menschliche – durch Infrastruktur, Gebäude oder Technik von Militär und Forschung – inhärent, der Mensch selbst jedoch nie Inhalt des Bildes ist, und doch sein Streben nach Macht und Territorialität auch über dieses Fleckchen Erde stets sichtbarer Anspruch bleibt. Obwohl die Serie als konzeptionell, bisweilen kritisch gedacht und gestaltet wurde, kommt man nicht umhin, den Ergebnissen von analytischer Kühle gepaart mit reduzierter Dichte eine nahezu anmutige Atmosphäre abzusprechen.

Gregor Sailer. The Polar Silk Road
14.1. – 2.4.2023
Alfred Ehrhardt Stiftung
Auguststr. 75
D-10117 Berlin
Tel.: +49-30-20095333
Di – So 11 – 18 Uhr
www.aestiftung.de

Text: Dr. Denise Susnja
Bild: Alfred Ehrhardt Stiftung
Erstveröffentlichung in kunst:art 89