Es bleibt: der Mensch

18.3. – 20.8.2023 | Skulpturenpark Waldfrieden

Wuppertal wird in seinem Kunstleben nicht nur durch das Von der Heydt-Museum bestimmt. Neben dieser ehrwürdigen und traditionsbildenden Institution hat einer der prominentesten Bildhauer unserer Zeit seinen Platz in der bergischen Metropole gefunden. Tony Cragg war schon zuvor in der akademischen Welt als ehemaliger Direktor der Düsseldorfer Kunstakademie eine Größe, ist mit seinen Arbeiten ebenso im Handel und auf den großen Messen vertreten wie in wichtigen Museen. Eines hat er selbst gegründet: den Skulpturenpark Waldfrieden in Wuppertal. Das Haus bietet seit 2008 in seinem großzügigen Garten nicht nur für Craggs eigene Arbeiten einen der seltenen Orte, an denen Bildhauerei angemessen inszeniert werden kann. Das Von der Heydt-Museum ist mit dieser Institution in Zusammenarbeit verbunden.

Die daraus jüngst entstandene Ausstellung widmet sich einem zuweilen totgesagten, zumeist aber wichtigsten Konzept und Gegenstand der Bildhauerei: der Figur, der menschlichen zumal. Aus der Zusammenstellung von Werken Tony Craggs selbst mit Leihgaben, Beständen der Stiftung Skulpturengarten und des Von der Heydt-Museums ergibt sich ein Panoptikum der Interpretationsmöglichkeiten und Aussagefähigkeiten dieses zumindest scheinbar doch so scharf definierten Sujets. Die Geschichte der Wahrnehmung des Menschen seiner selbst, seiner Verortung in der Welt und deren ständiger Diskussion und Neubewertung spiegelt sich in der Geschichte der bildhauerischen Darstellung des Menschen wider. In der wechselvollen Geistes- und Kunstgeschichte bleibt eine menschliche Konstante. Der im Skulpturengarten betrachtete Ausschnitt dieser langen Geschichte reicht von der Mitte des 19. Jahrhunderts bis in die 1980er-Jahre. Diese Zeitspanne hat Kurator Roland Mönig nicht zufällig gewählt. In dieser Phase wurden künstlerische Ausdrucksmöglichkeiten geradezu entfesselt. Entwicklungen, die sich in der Geschichte der skulpturalen Darstellung des Menschen in Jahrhunderten abgespielt haben, fanden im Zeitraum von der Industrialisierung bis zum Anbruch der Postmoderne innerhalb weniger Jahre in bis dahin kaum gekannter Radikalität statt. 130 Jahre sind nur knapp die Hälfte der Dauer von Gotik oder Archaik, die sich in dieser Zeit nur leicht entwickelten. Zwischen 1850 und 1980 entstehen dagegen verschiedene künstlerische Welten. In allen gleich bleibt der Mensch.

Die Vielfalt der Konzepte, in denen sich diese Geschichte niederschlägt, macht die Schau anhand einer Kombination von Werken aus dem Von der Heydt-Museum mit anderen aus der Cragg Foundation sichtbar. Zwischen der frühen Moderne, die Auguste Rodins Skulptur zu entdecken beginnt, bis zu den sich ins Surreale entwickelnden Werken Alberto Giacomettis ist es ein ebenso spannender Weg wie von den Skulpturen des Dadaisten Hans Arp zu den expressionistischen Arbeiten von Käthe Kollwitz. Manche Stücke werden für diesen Überblick und für ihre Neuinterpretation erstmals aus dem Von der Heydt-Museum entliehen, im Skulpturengarten entfalten sie sich in neuer Umgebung.

Jan Bykowski ist Journalist für Kunst und Märkte in Berlin

Figur! Meisterwerke der Skulptur aus dem Von der Heydt-Museum
18.3. – 20.8.2023
Skulpturenpark Waldfrieden
Hirschstr. 12
D-42285 Wuppertal
Tel.: +49-202-47898120
Di – So 11 – 18 Uhr
Eintritt: 12 €, erm. 9 €
www.skulpturenpark-waldfrieden.de

Text: Jan Bykowski
Bild: Skulpturenpark Waldfrieden
Erstveröffentlichung in kunst:art 90