The Other Side of Silence

Hrair Sarkissian im Bonnefantennmuseum Maastricht | bis 14. Mai 2023

Hrair Sarkissian, In Beetweeen, 2006, archival injekt print, 120 x 175 cm, Courtesy of the artist.

Mit The Other Side of Silence präsentiert das Bonnefantenmuseum in Maastricht die erste Retrospektive des syrisch-armenischen Künstlers Hrair Sarkissian (*1973, Damaskus). Dabei handeln seine fotografischen Arbeiten stets von Raum, Zeit und Personen, doch dies nie im gleichen Moment. Ohne Kontext, der dem Publikum durch zahlreiche ausgelegte Booklets in Niederländisch und Englisch und einen hervorragenden Katalog in Englisch einen textlichen Rahmen bietet, läuft man Gefahr der Mißinterpretation. Denn seine Landschaften sind gewiss keine romantischen Idyllen. Vielmehr strotzen sie vor Tristesse und einer unheimlichen Atmosphäre, die gerade durch das menschlich Abwesende entsteht. Seine konzeptuellen Werke haben oft grausame Inhalte, auch wenn den Bildern per se keine Gewalt innewohnt.

Mit In Beetween von 2006  etwa reflektiert er seine eigene Identität, als Enkelsohn armenischer Flüchtlinge, durch die Suche nach einem Heimatbegriff, der durch differenzielle folkloristische und mythologische Gedanken geprägt ist. Die Serie scheint zunächst belanglose Alltagszenen wiederzugeben, die teils wie nebulöse mysteriöse Bühnenbilder wirken. Sie sind jedoch Bilder der harten Realität der postsowjetischen Armut, eingehüllt in das zarte Weiß des Schnees.

Hrair Sarkissian, Execution Squares, 2008, C-print, 125 x 160 cm, Courtesy the Sharjah Art Foundation Collection, UAE.

Auch mit der Serie Execution Squares (2008) legt Harikssian die Wunden und tiefe Wehmut als  unmittelbare Folge von Konflikten und Krieg frei, indem er — dem Namen der Serie getreu — in syrischen Städten wie Aleppo, Latakia oder Damaskus, jene Plätze, auf denen Regimeuntreue und Kriminelle öffentlich gehängt werden, erneut menschenleer fotografiert.

Hrair Sarkissian, Last Seen, 2018-2021, archival injekt print, 40 x 50 cm, Courtesy the Sharjah Art Foundation Collection, UAE.

Für die Fotografien der Serie Last Seen (2018-2021) bereiste der Künstler Bosnien Herzegovina, Brasilien, den Libanon und den Kosovo, um jene Orte zu porträtieren, die von einer voraussichtlichen Rückkehr der in den Kriegswirren verschwundenen und verschleppten Kindern, Ehemännern, Eltern, Söhnen oder Töchtern geprägt sind. Jedes Foto hat den Namen der versmissten Person am unteren Bildrand eingestanzt. Einsam, verlassen und bedrückend.

Harkissans Arbeiten mögen auf den ersten Blick harmlos erscheinen, ihnen wohnt jedoch eine Tiefgründigkeit und Intelligenz gepaart mit Mitgefühl und Rechtschaffenheit inne, die das Ruhige und Verlassene ins schier Unerträgliche wandeln.

Bonnefantennmuseum
Avenue Ceramique 250,
6221 KX Maastricht, Niederlande
www.bonnefanten.n
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