Klassische Moderne im Lindenau-Museum

4.5. – 30.7.2023 | Lindenau-Museum Altenburg

Mit rund 300 Gemälden und Zeichnungen aus der Zeit der Klassischen Moderne gelangt als Dauerleihgabe auf bestimmte Zeit eine illustre Sammlung in das Lindenau-Museum im thüringischen Altenburg. Im Sommer 2021 wurde ein Kooperationsvertrag zwischen der Stiftung Felix und Herlinde Peltzer und dem Museum vereinbart. Im Vertrag ist enthalten, dass das Museum den Bestand restauratorisch betreut.

Felix Peltzer (1896–1983) stammte aus einer Unternehmerfamilie in Stolberg im Rheinland, die durch die Herstellung von Messing zu Wohlstand kam. Bereits als Schüler begann er Kunstpostkarten zu sammeln und als Student erwarb er sein erstes Gemälde von Christian Rohlfs. Die Liebe zur Kunst machte er zur Leidenschaft. Nach dem Tod seiner Frau Herlinde ging die Sammlung an Peltzers Großneffen Felix von Schmeling über, der sie in eine Stiftung überführte.

Es gibt Namen der Klassischen Moderne, die erst jetzt wieder in den Fokus gelangen und neu entdeckt werden. Wie Marianne von Werefkin (1860–1938), die vor 1890 als „R ussischer Rembrandt“ galt. Die Künstlerin war mit Alexej von Jawlensky (1865–1941) 27 Jahre liiert, den sie förderte. Das Genie hinter der Staffelei war jedoch sie. Maria Caspar-Filser (1878–1968) geriet ebenfalls fast in Vergessenheit und war Gründungsmitglied der Neuen Münchener Sezession.
Felix Peltzer sammelte ausgesprochen klug Künstler der Moderne, die als Schlüsselfiguren dieser Kunstrichtung gelten.

Zu den Hauptwerken der Sammlung zählt Ernst Ludwig Kirchners (1880–1938) „Schlangenmensch“ von 1921, auf dessen Rückseite sich ein Stillleben befindet.
Der Expressionismus, der sich ganz klar vom Impressionismus und Naturalismus löste, fand eine Heimat in der „Brücke“ in Dresden, zu deren Gründungsmitgliedern Kirchner zählte. Ein beliebtes Thema der Künstlergruppe, die den Weg zur Klassischen Moderne vorbereitete, war unter anderem der Zirkus. Eine Scheinwelt, die in der Arena unter einem Zelt im Scheinwerferlicht die Besucher in den Bann zog. Eine umherfahrende Truppe, die viel Raum für die Fantasie bot.

In der umfangreichen Schau sind die Zugpferde neben Kirchner Werke von Erich Heckel, Karl Schmidt-Rottluff, Otto Müller und Max Pechstein. Ein weiteres beliebtes Sujet der Künstler waren Badende, die zugleich in ihrer unbeschwerten Nacktheit am Strand für eine neue Lebensform standen: raus aus der gesellschaftlichen Enge und deren Zwängen.

Der deutschen Klassischen Moderne stellt das Lindenau-Museum deren französisches Pendant zur Seite, in Altenburg vertreten mit Werken von Jean Lurcat (1892–1966) und Jules Pascin (1885–1930).

Das Interesse an der Klassischen Moderne ist bis heute ungebrochen, was sicher auch daran liegen mag, dass die Grenze zum Abstrakten selten überschritten wird. Zudem ist das Objekt Mensch das Spannendste, was es darzustellen gibt. Das Rebellieren gegen eine gesellschaftliche Starre spiegelt sich in den Arbeiten wider und wurde von den Nazis als „Entartete Kunst“ vom Kunstmarkt verbannt, vernichtet oder verkauft.

Nadja Naumann lebt als freie Journalistin und Künstlerin in Mitteldeutschland.

Kirchner, Pechstein, Werefkin. Meisterwerke aus der Sammlung Peltzer
4.5. – 30.7.2023
Lindenau-Museum Altenburg
Prinzenpalais im Residenzschloss
D-04600 Altenburg/Thüringen
Tel.: +49-3447-8955430
Di – So 12 – 18 Uhr
Eintritt: 4 €, erm. 3 €
www.lindenau-museum.de

Text: Nadja Naumann
Bild: Lindenau-Museum Altenburg
Erstveröffentlichung in kunst:art 91