Hannah Höch (1889–1978) gilt als zentrale Position der Kunst der 1920er-Jahre. Nach ihrer Wiederentdeckung zählt sie heute zu den Erfindern der modernen Collage. Anlass für das Zentrum Paul Klee, mit „Hannah Höch. Montierte Welten.“ der Dadaistin ab dem 10. November 2023 eine umfangreiche Ausstellung über ihre Auseinandersetzung mit der visuellen Kultur der Moderne auszurichten. Den Besucher erwartet ein einzigartiges Panorama der Avantgarde.
Rund sechzig Fotomontagen von den künstlerischen Anfängen in den 1910er-Jahren im Berliner Dadaismus bis hin zu ihren surrealistischen Tendenzen nach dem Zweiten Weltkrieg zeigt das Zentrum Paul Klee ihre Werke in 15 thematisch angelegten Räumen im zeitgeschichtlichen Kontext. Dabei begegnet man Hauptwerken von Pablo Picasso und Kurt Schwitters ebenso wie Gegenüberstellungen mit Fernand Léger und Wassily Kandinsky.
Herausragend hier: Das «Album» – eine einzigartige und umfangreiche Bildersammlung Höchs, die den Blick der Künstlerin auf die Bilderwelt ihrer Zeit eindrücklich nachvollziehbar macht. Letztlich ist es die «Montage», mit der Höch die Macht der Bilder sichtbar macht. Und dies als eine der ersten Künstler überhaupt. Dabei komponierte sie ihre Fotomontagen aus Ausschnitten von Zeitungen und Zeitschriften – eine Technik, die sie ab 1918 entwickelte und der sie bis zuletzt treu blieb.
Als einzige zum Kreis der Berliner Dadaisten zählende Frau gab sie dabei ihren Blick auf das Zeitgeschehen preis. Im Geiste des Neubeginns nach dem Ersten Weltkrieg und des rasanten technologischen Fortschritts «montierte» sie ihre Werke fragmentarisch aus den Bruchstücken der Massenkultur zusammen. Immer auch dem Anspruch folgend, die Welt in ihre Bestandteile zu zerlegen, um daraus eine neue Welt zu erschaffen. Mit ihrem Schaffen durch «Montagen» lieferte Höch die Vorlagen für ebenso in Grafikdesign, Werbung und politischer Propaganda umgesetzte Entwürfe Dritter und ihr künstlerisches Vorgehen sollte sich zu einem zentralen Prinzip der Avantgarde entwickeln.
Neben Werken von Zeitgenossen umfasst die Ausstellung auch elf historische Filmprojektionen, die erstmals Höchs intensive Auseinandersetzung mit filmischen Werken ihrer Freunde Hans Richter und László Moholy-Nagy zeigen. Die in der Ausstellung gezeigten Filme beruhen auf neuen Forschungserkenntnissen zu Höchs künstlerischer Produktion und liefern einen Blick in die avantgardistische Bilderwelt der 1920er-Jahre.
Dabei reflektieren ihre Fotomontagen mit viel Ironie gesellschaftliche oder politische Themen: das Verhältnis zwischen Mensch und Maschine, die Macht der Massenmedien, Geschlechterrollen oder den Aufstieg des Nationalsozialismus. Nach dem Zweiten Weltkrieg rückte die Natur zunehmend in das Zentrum ihres Schaffens. Abstrakte und gegenständliche Motive fließen nun in traumartige und surrealistisch anmutende Landschaften zusammen.
Nach 1945 entwickelte Höch die Fotomontage zu einer poetischen Methode und auch dieses Spätwerk zeigt die sehr sehenswerte Ausstellung noch bis zum 25. Februar 2024.
Hannah Höch. Montierte Welten
10.11.2023 – 25.2.2024
Zentrum Paul Klee
Monument im Fruchtland 3
CH-3006 Bern
Tel.: +41-31-3590101
Di – So 10 – 17 Uhr
Eintritt: 20 CHF, erm. 10 – 18 CHF
www.zpk.org
Text: Sebastian C. Strenger
Bild: Zentrum Paul Klee
Erstveröffentlichung in kunst:art 95