Ein Gespenst geht um in Deutschland …

Ein Kommentar von Mathias Fritzsche in kunst:art 48

es hört auf den Namen „Museumsschließung“ und vor ihm fürchten sich vor allem städtische Museen und Städtische Galerien. Es taucht immer wieder an verschiedenen Orten auf, meist im Zusammenhang mit seelenlosen Unternehmen, die sich Unternehmensberatung, bzw. Wirtschaftsprüfer schimpfen. Mit geradezu ideologisch verbohrter Stumpfsinnigkeit wird vorgerechnet, wie viel Geld sich sparen ließe, wenn man der Gesellschaft noch etwas mehr Kultur entzieht.

Nach der Schließungsdiskussion um Hamburg (Altona Museum), nach zahlreichen Gerüchten um die Schließung verschiedener Städtischer Galerien, nach der Diskussion losgetreten von Frau Dr. Lange von der Staatsgalerie in Stuttgart um die Reduzierung der Anzahl der Museen und Galerien, steht nun das Museum Morsbroich in Leverkusen zur Disposition. Natürlich, das bedeutet noch nichts konkret, aber die Festung wird auch hier wieder sturmreif geschossen und irgendwann fällt der erste Dominostein um – ob jetzt in Leverkusen oder später anderswo –, dann werden weitere fast unweigerlich folgen …

Es ist an der Zeit, den Wirtschaftsprüfern und den Finanzministern das Heft des Handelns aus der Hand zu reißen! Die Diskussion muss eine neue Richtung einschlagen! Im Augenblick hört man nur, dass uns die Kunst die Summe X kostet und dass das um die Summe Y zu viel sei, da dieser Betrag nicht durch eigene Einnahmen (also beispielsweise Eintrittsgelder) gedeckt sei. Wir führen die falsche Diskussion: Richtig wäre, dass wir uns fragen, was der Gesellschaft die Kunst wert ist! Richtig wäre, wir würden uns eine Gesellschaft ohne Kunst und Kultur vorstellen (teilweise nicht schwer, man muss sich nur so manche Aktion des Mobs gegen verängstigte Flüchtlinge anschauen!) und dann überlegen, was ist es uns wert, dass es in dieser Gesellschaft wieder mehr Kultur gibt! Richtig wäre, raus aus der Defensive zu kommen und offensiv Forderungen nach einem MEHR AN KUNST UND KULTUR zu stellen!

Kultur kostet Geld, so wie andere Dinge auch. Derzeit ist der Kulturetat eine freiwillige Leistung der Kommunen, was sie immer wieder zum Spielball anderer Interessen macht. Deshalb muss die Kultur raus aus dem Bereich der freiwilligen Ausgaben der Kommunen. Kultur ist kein Luxus! Und wer da anderer Meinung ist, sollte sich anschauen, was dort passiert, wo es keine Kultur gibt oder sie sogar bekämpft wird. Beispiele dafür sind zahlreich vorhanden und es waren durch die Bank weg Tragödien.

Wer nun also fordert, dass ein Kunstmusem, zum Beispiel das Museum Morsbroich schließen soll, der legt Hand an die Grundfesten unserer Gesellschaft. Wer für Einsparungen bei der Kultur plädiert, der macht unsere Gesellschaft ärmer! Wer wie ein Erbsenzähler nachprüft, wie viel Euro ein Museum erwirtschaftet und davon sein Fortbestehen abhängig macht, hat offensichtlich selbst ein Defizit an Kultur und Kulturverständnis. Es ist an der Zeit, dass die Kultur nicht weiter beschnitten wird, sondern dass wir wieder mehr in die Kultur und damit auch in unsere Zukunft investieren!

Mathias Fritzsche ist Kunsthistoriker und beschäftigt sich insbesondere mit zeitgenössischer Kunst.

Über Mathias Fritzsche 117 Artikel
Ein Thema jagt das nächste: Der Wochengipfel hält ein oder zwei Themen fest und bringt sie in Erinnerung. Was war vergangene Woche so wichtig, dass man Schnappatmung bekam und ist diese Woche dennoch schon vergessen? Oder über welche Nachricht hat man sich so gefreut, dass man auf den Balkon ging und die Nachricht für die ganze Welt in den Abendhimmel geschrien hat?

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