Schock als Arbeitsprinzip
Bei dieser Kunst sollte sich beileibe keiner wohlfühlen: Im Gegenteil, das Publikum zu schocken, war explizites Anliegen des Künstlers. Günther Brus (1938–2024) gehörte als zentrale Figur zur österreichischen Nachkriegsavantgarde und deren Herzensanliegen war es bekanntlich, eine auf kulinarische Ästhetik eingeschworene Kunstklientel maximal zu verstören. Brus und seine Mitstreiter Otto Muehl, Hermann Nitsch und Rudolf Schwarzkogler überschritten dafür gezielt nicht nur die Grenzen dessen, was man damals gerne für guten Geschmack hielt, sondern auch Gattungsgrenzen: Statt sich an Bildflächen oder Skulpturensockel (und überhaupt Museumsräume) binden zu lassen, gingen die „Aktionisten“, wie sie sich selber nannten, in den öffentlichen Raum. Der wurde so zur Bühne, Kunst und Leben traten in unmittelbare Beziehung.
Berühmt-berüchtigt wurde Brus mit einem Schlag durch Performances, bei denen er sich den zuvor allover mit weißer Wandfarbe bepinselten eigenen Körper nebst kahlrasiertem Kopf mit einer fetten schwarzen Linie markierte. Der „Wiener Spaziergang“ 1965 in diesem Outfit brachte ihm eine Verhaftung ein. Die Retrospektive nun im Kunsthaus Bregenz nach dem kürzlichen Tode des Künstlers zeigt fotografische Dokumente dieser damals Epoche machenden Auftritte – Vorläufer der späteren Konzepte der Body Art –, bringt aber auch den mehrfachen documenta-Teilnehmer Günther Brus als Maler eines rabiaten Informel und als Schriftsteller wieder ins Bewusstsein.
Günter Brus
17.2. – 20.5.2024
Kunsthaus Bregenz
Karl-Tizian-Platz
D-6900 Bregenz
Tel.: +43-5574-485940
Di – So 10 – 18 Uhr, Do 10 – 20 Uhr
Eintritt: 12 €, erm. 8 – 10 €
www.kunsthaus-bregenz.at
Text: Dieter Begemann
Bild: Kunsthaus Bregenz
Erstveröffentlichung in kunst:art 96