Karl Borromäus Berthold. Goldschmied für Gott – und den Teufel

5.4. – 28.6.17 | Diözesanmuseum und Domschatz Limburg

Der Goldschmied Karl (Borromäus) Berthold (1889-1975) gilt als einer der talentiertesten deutschen Goldschmiede des 20. Jahrhunderts und Erneuerer dieser Disziplin in zeitgemäßen Art déco-Formen. In den 1920er Jahren entstanden zahlreiche Arbeiten für die katholische Kirche durch seine Hand, die ihm in dieser Zeit durch Aufträge unterschiedlichster Art den größten Teil seines Auskommens sicherte. Anders als viele seiner Kollegen emanzipierte er sich vom Formenkanon des Neubarocks, der sich im ersten Viertel des 20. Jahrhunderts für religiöse Goldschmiedekunst hartnäckig behauptete. Auf Grund seiner Innovation bekam er 1927 die Gelegenheit im Zuge einer Audienz anlässlich einer kleinen Ausstellung im Vatikan Papst Pius XI. ein selbst gefertigtes Brustkreuz und ein Evangeliar zu überreichen. Zu seinen Hauptwerken im sakralen Bereich zählt ohne Zweifel der für den Frankfurter Dom angefertigte Bartholomäusschrein von 1929. Dies hinderte ihn jedoch nicht, sich einer Ideologie zuzuwenden, die den christlichen Werten in jeder Hinsicht entgegenstand: Berthold trat bereits in den 1920er Jahren dem „Kampfbund für deutsche Kultur“ bei und entwarf und fertigte 1930 einen Ring mit einem edelsteinbesetzen Hakenkreuz, der Adolf Hitler als Geschenk überreicht wurde. Seine frühen „Verdienste“ um den Nationalsozialismus zahlten sich 1933 schnell für den Goldschmied aus: Zum kommissarischen Leiter der renommierten Städelschen Kunstschule in Frankfurt ernannt, entließ er postwendend dortige Professoren wie Max Beckmann oder Willi Baumeister, die er als „kultur-bolschewistische Judenknechte“ diffamierte. In einer weiteren Station gestaltete er als Leiter der Kölner Werkschulen – sein Stiefsohn Karl Georg Schmidt war zu dieser Zeit Wirtschaftsdezernent im Kölner Stadtrat – die Institution im nationalsozialistischen Sinne um. Während er bis 1935 noch viele Arbeiten für die katholische Kirche schuf, kam es in der Folge zum Bruch und Berthold stellte seine Fähigkeiten vollends in den Dienst der Nazis. Berthold machte es sich zur Aufgabe einen Stil zu entwickeln, der dem Kunstgeschmack des Dritten Reiches entsprach. Er sollte sich zugleich von christlicher Kunst absetzen, durfte jedoch nicht zu neuartig wirken, um dem Verdacht jener „Entarteten Kunst“ zu entgehen, die Berthold als Hochschuldirektor mit Vehemenz bekämpfte. An sakralen Objekten geschult, entstanden in Folge profane „Reliquiare“ für Kaiser Barbarossas Gegenspieler, den Welfenherzog Heinrich den Löwen, der als „Ostkolonisator“ zu den historischen Identifikationsfiguren der Nationalsozialisten zählte. Für die bei der Umgestaltung seiner Krypta im Braunschweiger Dom zu einer „nationalen Weihestätte“ aus den Sarkophagen geborgenen Überreste wurden in der Tradition christlicher Reliquien aufwändige Schaubehälter aus Edelmetall hergestellt. Auch schuf er für Köln und Wiesbaden kostspielige Ehrengaben, ebenso prunkvolle wie zweckfreie Geschenke, die die Städte aus Anlass eines Besuches dem „Führer“ überreichten, sowie weitere Kleinodien mit einschlägigem Dekor für die Schreibtische führender NS-Politiker. Mit dem Fall seiner Auftraggeber wurde es auch um den einstigen Günstling ruhiger. Nach dem Krieg versuchte Berthold erneut im kirchlichen Bereich Fuß zu fassen, was ihm im geringeren Maße auch gelang. Seine fortan eher wieder historisierende Formensprache entsprach ganz der Ästhetik konservativer Strömungen der Nachkriegszeit. Bislang wurde Bertholds Karriere im nationalsozialistischen Kulturbetrieb in der Literatur bis auf wenige Ausnahmen totgeschwiegen und vor allem seine technischen Fähigkeiten als Handwerker positiv herausgestellt. Die Ausstellung versucht deshalb erstmals in einer Werkschau die beiden Seiten der „Medaille“ Berthold zu beleuchten und die widersprüchliche Biografie des Goldschmieds in ihrer Gesamtheit darzustellen. Auch wird die bislang unerwähnt gebliebene enge Zusammenarbeit mit seiner ersten Frau, Maria Luise Schmidt-Kugel, die sich für viele Entwürfe Bertholds verantwortlich zeigte, thematisiert werden.

 

Text: Diözesanmuseum und Domschatz Limburg | Foto: Diözesanmuseum und Domschatz Limburg
Externer Link: Diözesanmuseum und Domschatz Limburg

 

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