Die Größe des kleinen Formates

1.6. – 29.9.2019 | Alte Kelter Fellbach

Fabian Feichter, Der unendliche Kreis, o.J.

Alle drei Jahre hört man etwas aus Fellbach, dann aber richtig. Denn dann wird die kleine Stadt bei Stuttgart zum Schauplatz der Triennale für Kleinplastik, und das bereits seit 1980. Damit ist sie im lebhaft wachsenden Feld der wiederkehrenden Kunstfestivals schon eine der älteren Veranstaltungen. Das gelingt natürlich nur, wenn man die richtigen Leute kennt, gerade bei einer so stark von der Besetzung der künstlerischen Leitung abhängigen Ausstellung wie der Triennale Fellbach, die ohne Jury auskommt. Die Kuratorin persönlich sucht die Positionen aus und setzt damit die Richtung fest, in die es geht. Und da hat Susanne Gaensheimer als Leiterin der vergangenen Triennale 2016, die damals schon auf ihre Gestaltung des Deutschen Biennale-Pavillons in Venedig zurückschauen konnte, große Fußstapfen hinterlassen. Im Jahr darauf übernahm sie die Leitung der Kunstsammlung Nordrhein-Westfalen.

Auch für die Triennale 2019 konnte eine profilierte Kuratorin eines großen Museums gewonnen werden: Brigitte Franzen. Bis 2015 war sie durchaus auch streitbare Direktorin des Ludwig Forums, Aachen, bis sie in den Vorstand der Peter und Irene Ludwig Stiftung berufen wurde. An der Spitze einer der bedeutendsten Sammlungen moderner und Gegenwartskunst in Europa lässt sich ein guter Überblick gewinnen, die Weiterentwicklung der Sammlung ist dort Teil der Aufgabe.

Von diesem Posten aus hat sie eine Perspektive auf das Kunstgeschehen, die Brigitte Franzen bei der Zusammenstellung der Triennale Fellbach sicher zugutekommt. „40.000 – Ein Museum der Neugier“ überschreibt die Kuratorin ihre Auswahl. Wobei die beeindruckende Zahl 40.000 nicht die Anzahl der Werke beschreibt, sondern auf einen Ausgangspunkt des Konzeptes hinweist. 40.000 Jahre alt sind Figürchen – Kleinplastiken –, die in Höhlen der Schwäbischen Alb gefunden wurden. Nicht nur die vielfältigen Interpretationsmöglichkeiten ihrer Funktionen oder Bedeutungen, auch die durch das handliche Format mögliche Nähe der Stücke zum Alltag ihrer Schöpfer und Betrachter sind Qualitäten, die Brigitte Franzen auch an der gegenwärtigen Kleinplastik reizen. Und damit ist ihr Thema für die Triennale Fellbach umrissen. Größenverhältnisse, Proportionen sind es, die sie thematisch ins Auge fasst. Rund 150 Stücke hat sie für ihr „Museum der Neugier“ versammelt, ergänzt durch Beispiele ihrer Vorgänger aus der Eiszeit. Die Triennale bleibt aber bis auf wenige Ausnahmen wie Lydia Clark, Marcel Broodthaers oder Ana Mendieta durchweg von lebenden Künstlern bespielt, darunter viele unter vierzig Jahre alt. Viele verbinden die Kleinplastik in ihrer Arbeit mit der Performance, wie Mariechen Danz, mit 39 Jahren bereits Gastprofessorin an der Münchener Akademie. Oder auch Fabian Feichter, der die Kleinplastik besonders nahe an den Menschen bringt, vor allem sich selbst, indem er sie als Maske trägt. In seinen Performances verschmelzen Künstler und Werk. Eine sprechende Veranschaulichung der Frage nach Nähe, die durch handliches Format ermöglicht wird.

 

40.000 – Ein Museum der Neugier
14. Triennale Kleinplastik Fellbach
1.6. – 29.9.2019
Alte Kelter Fellbach
Untertürkheimer Str. 33
D-70734 Fellbach
Tel.: +49-711-5851364
Di – Fr 14 – 19 Uhr, Do 14 – 21 Uhr, Sa + So 11 – 19 Uhr
Eintritt: 10 €, erm. 5 €
www.triennale.de

Text: Jan Bykowski
Bild: Alte Kelter Fellbach
Erstveröffentlichung in kunst:art 67