Caravaggio & Bernini

15.10.2019 – 19.1.2020 | Kunsthistorisches Museum Wien

Rom, Rom, und immer wieder Rom. Kommt man nach Rom, ist man meist zuerst überwältigt von den augenscheinlich größten und prunkvollsten Werken Berninis im Vatikan. Allein schon die Kolonnaden mit ihren exakt ausgezirkelten Maßen beeindrucken ebenso wie der unvergleichliche Baldachin über der Confessio unter Michelangelos Kuppel. Die halbe Stadt liegt dazwischen – doch der berühmte Narziss von Caravaggio ist jede Mühe wert, in den Palazzo Barberini zu kommen. Und der nackte Johannes der Täufer in den Musei Capitolini erregt sicherlich ebenso viel Aufsehen wie Berninis Haupt der Medusa, das sich im Palazzo dei Conservatori befindet.

Stellt man die beiden Künstler Michelangelo Merisi da Caravaggio und Gian Lorenzo Bernini gegenüber, so fallen zwei Nicht-Gemeinsamkeiten auf: Caravaggio lebte von 1571 bis 1610 und war Maler, Bernini lebte von 1598 bis 1680 und war in erster Linie Bildhauer und auch Architekt. Sie waren zwar Zeitgenossen, doch stand Caravaggio mit seinem bahnbrechenden Werk genau in der Mitte des Beginns des 17. Jahrhunderts, sein Zeitgenosse, wenn man das überhaupt so bezeichnen kann, Bernini, war das Zentrum der steingewordenen Barockskulptur. Im Kunsthistorischen Museum in Wien ist der wohl umfangreichste und wertvollste Bestand an Bildern von Caravaggio außerhalb Italiens zu sehen, wurde aber bisher noch in keiner eigenen Ausstellung gewürdigt.

Die Werke des Bildhauers Bernini, von denen sich jenseits der Alpen nur wenige befinden, werden in der Ausstellung des Kunsthistorischen Museums zum ersten Mal dem Werk Caravaggios gegenübergestellt. Hier darf die Presseaussendung des KHM zitiert werden: „Die Ausstellung konzentriert sich auf die künstlerischen Umwälzungen, die in der Ewigen Stadt zwischen 1600 und 1650 stattfanden und weitreichende Auswirkungen auf ganz Europa hatten. In diesen Jahrzehnten wurde die Stadt zu einem Anziehungspunkt für zahlreiche talentierte Künstler. (…) Sie alle experimentierten mit den neuen Bildthemen und kompositorischen Lösungen. Es entstanden faszinierende Werke voller Dramatik und Leidenschaft, die sich durch Darstellung exzentrischer wie starker Bewegung und Gefühlsregung sowie eine theatralisch inszenierte Farbregie auszeichnen.“

Natürlich hatte es eine Darstellung – egal, ob in Malerei oder Skulptur – wie die Verzückung der Hl. Therese von Avila, die Bernini für die Kirche S. Maria della Vittoria schuf und von der es eine Terracottakarkasse aus der St. Petersburger Eremitage zu sehen gibt, vorher noch nicht gegeben. Ebenso zeigt Caravaggios Bild vom Knaben, der von einer Eidechse gebissen wird und als Leihgabe von der Fondazione Roberto Longhi aus Florenz in die Ausstellung kam, das pure Entsetzen und den Ausdruck des Schmerzes, obwohl ein Eidechsenbiss eigentlich gar nicht so weh tut. Und so tituliert Gudrun Swoboda, die Kuratorin der Ausstellung, denn auch die Zusammenschau der beiden maßgeblichen Protagonisten des römischen Frühbarocks zu Recht als „Entdeckung der Gefühle“. Rund siebzig Werke aus dieser Epoche, die auch für Österreichs Barock prägend werden sollten, werden präsentiert, wobei die hauseigenen Gemälde von Caravaggio in diesen neuen Zusammenhang gestellt werden. Zu sehen sind daneben bedeutende Leihgaben aus dem Rijksmuseum in Amsterdam, dem Louvre in Paris, den Uffizien in Florenz, dem Victoria and Albert Museum in London, der Eremitage in St. Petersburg und etlichen anderen Museen der alten und neuen Welt.

Caravaggio & Bernini
15.10.2019 – 19.1.2020
Kunsthistorisches Museum Wien
Maria-Theresien-Platz
A-1010 Wien
Tel.: +43-1-525240
Täglich 9 – 18 Uhr, Do, Sa + So 9 – 21 Uhr
Eintritt: genaue Infos erfragen
www.khm.at

Text: Dr. Michael Nießen
Bild: Kunsthistorisches Museum Wien
Erstveröffentlichung in kunst:art 70