Verschobene Wirklichkeiten

22.11.2019 – 14.1.2020 | Neue Galerie Gladbeck

In seinem Atelier steht ein sehr großer Prototyp eines Containerschiffes auf dem Boden. Gut möglich, dass Sven Kroner sich bei einem Modellbauer umgesehen und dort ein Schiff gefunden hat, das etwa 140 cm misst. Oder dass er, beim Blick aus dem Fenster der Düsseldorfer Akademie, ein Schiff bei seiner langsamen Fahrt flussaufwärts beobachtete. Aber stopp! Das Schiff würde nie und nimmer in ein Atelier passen und auch mit einem Plastik-Bausatz würde man gewisse Schwierigkeiten haben. Das Stichwort zur Lösung liefern die beiden an der Atelierwand lehnenden Keilrahmen und das kleine Haus (auch ein Bausatz?), das sich unmittelbar vor dem Schiff befindet. Das Containerschiff als solches gibt es möglicherweise schon, dass Haus aber nicht und die Keilrahmen samt Gemälde sind gegen die helle Wand postiert – während sie andere Geschichten erzählen.

Die Wirklichkeit in Kroners Kunst ist heterogen, genauso wie die Vorstellung, was und wie sie sein mag, und die Erinnerung an sie und ihre Wahrnehmung. Deswegen kann sich die Kunst alles erlauben und die Malerei erst recht. Das weiß natürlich auch Sven Kroner, dessen realistische Malweise aber nicht darüber hinwegtäuschen darf, dass auf dem Schachbrett der Welt Figuren beliebig verschiebbar sind. Mal in die Richtung der Realität: Da steht das Containerschiff auf dem festen Wasser(-)Boden. Mal in die Richtung des Traums – da scheint das Schiff in den Lüften zu segeln.

Was auch immer der Betrachter unter dem Begriff Realität von Sven Kroner verstehen vermag: Sie ist bei ihm beliebig verschiebbar und auf mehreren Ebenen deutbar, so auch in dieser Ausstellung in der neuen Galerie in Gladbeck.

Sven Kroner
22.11.2019 – 14.1.2020
Neue Galerie Gladbeck
Bottroper Str. 17
D-45964 Gladbeck
Tel.: +49-2043-3198371
Mi – So 15 – 20 Uhr
Eintritt frei
www.galeriegladbeck.de

Text: Dr. Milan Chlumsky
Bild: Neue Galerie Gladbeck
Erstveröffentlichung in kunst:art 70