Der Naturpoet

1.2. – 3.5.2020 | Museum im Kleinhues-Bau

Am liebsten würde man sich über Nacht einschließen lassen in seinen Ausstellungen: um die Arbeiten ganz in sich aufsaugen zu können, um sie zu riechen und zu spüren, ohne fremde Geräusche und Gerüche. Im niederländischen Pavillon auf der Biennale von Venedig 2015 hatte Herman de Vries Erdproben und Blumen ausgebreitet, in aller Demut und vollkommen unbeeindruckt vom Kunstgewimmel um ihn herum. 108 Pfund Damaszenerrosen betörten die Besucher, die den Raum gar nicht wieder verlassen mochten, eine solche Ruhe strahlte er aus.

De Vries, 1931 in Holland geboren, hat zunächst eine Gartenschule besucht und in Frankreich in der Landwirtschaft gearbeitet, bevor er zur informellen Kunst fand. Der Künstler, der heute in Unterfranken lebt, holt seine Stoffe aus der Natur. So sammelte er 8.000 Erdproben, die er zuhause katalogisiert und in Ausstellungen wie Kunstwerke präsentiert – ein Schatz an Farben, der dem Betrachter eine Ehrfurcht abnötigt, wie er sie häufig nicht zeigt, wenn er achtlos auf der Erde herumtrampelt.

Seit 1970 liest de Vries in allen möglichen Teilen der Welt „Parts“ auf. „Parts of a whole“ heißt nun seine Ausstellung und erinnert dran, dass wir nur ein winziger Teil des Ganzen sind, dem wir mit Respekt begegnen sollten. In Kornwestheim zeigt de Vries unter anderem eine 12-teilige Bodeninstallation aus verschiedenfarbigem unterfränkischem Sandstein. Im 45-teiligen „Journal Essaouira“ fächert er anhand von Pflanzen und Erden ein sonnen- und windgesättigtes Panorama der marokkanischen Hafenstadt auf – eine Einladung zur Kontemplation.

Herman de Vries. Parts of a Whole
1.2. – 3.5.2020
Museum im Kleihues-Bau
Stuttgarter Str. 93
D-70806 Kornwestheim
Tel.: +49-7154-2027401
Fr – So 11 – 18 Uhr
Eintritt: 5,50 €, erm. 2,50 €
www.museen-kornwestheim.de

Text: Sabine Scheltwort
Bild: Museum im Kleinhues-Bau
Erstveröffentlichung in kunst:art 71