Die zwei Liebhaber des Monsieur Monet

6.2. – 15.5.2022 | Museum Folkwang

In einer globalisierten Welt lässt sich der Andere nicht mehr wegdenken. Doch nicht erst durch das digitale Netz, sondern schon durch den wirtschaftlichen Austausch bedingt wurden das Ich und der Andere an beiden Enden der Welt miteinander verbunden. Dieses globale Gespinst an Beziehungen physisch erfahrbar zu machen, gelingt der japanischen und in Berlin lebenden Künstlerin Chiharu Shiota durch die Kreation von filigranen, aus zarten Fäden bestehenden und raumgreifenden Gespinsten, in die sie mal Schlüssel, mal Zettel mit Hoffnungen von Menschen aus aller Welt einflicht. Ihre Arbeit “I hope …” stellt deshalb auch den Faden dar, der in groß angelegtem Maßstab die Gegenwart und Vergangenheit im Museum Folkwang kulminieren lässt. Das 100-jährige Bestehen des Hauses ist der Anlass, die bedeutendsten Werke der von Karl Ernst Osthaus (1874–1921) gegründeten Folkwang-Sammlung in einen Dialog mit der Sammlung seines Zeitgenossen Kojiro Matsukata (1866–1950) zu stellen und damit den schon früh global umspannenden Wirkungskreis der französischen Kunst Anfang des 20. Jahrhunderts aufzuzeigen.

Unter dem Titel “Renoir, Monet, Gauguin – Bilder einer fließenden Welt” stehen im Zentrum der prestigeträchtigen Schau und ihrer 120 Werke die gesammelten Kostbarkeiten dieser zwei passionierten Kunstmäzene, die, obwohl sie in denselben Händlerkreisen verkehrten, nie aufeinander trafen. Allein 40 der gezeigten Werke geben Einblick in einen bedeutenden Teil von Matsukas Kollektion, die aufgrund von Umbauarbeiten dem National Museum of Western Art in Tokio für einen siebenstelligen Betrag entliehen werden konnten. So entsteht ein seltener Dialog zweier Sammlungen der Kunst der französischen Moderne, wie er etwa zwischen Pierre-Auguste Renoirs “Lise mit dem Sonnenschirm” – erworben von Osthaus – und Édouard Manets “Porträt des Herrn Brun” – erworben von Matsukata – entsteht. Letzterer war es auch, der als finanzstarker Schiffsunternehmer eine der größten Rodin-Sammlungen weltweit aufbaute und mitunter den Guss von dessen “Höllentor” mitermöglichte. Ein Gipsentwurf des “Höllentors” und einzelne Bronze-Skulpturen sind deshalb ebenfalls in der Ausstellung vertreten und zeichnen den dreißigjährigen Schaffensprozess an diesem Monumentalwerk nach.

Bemerkenswert ist jedoch viel mehr die Auswahl an Werken von Claude Monet, Gustave Courbet und Charles-Francois Daubigny, die im größten Raum der Schau gruppiert werden – flankiert von gegenwärtigen Bezügen zu Shiotas Fädengespinsten. Darunter ist beispielsweise Monets “Sur le bateau” aus dem Jahr 1887. Den Schlusspunkt der Ausstellung setzen wiederum Arbeiten von Paul Gauguin und Vincent van Gogh. Dabei sind es die Werke Gauguins, die hier erneut die Gemeinsamkeiten in beiden Sammlungen unterstreichen, waren doch Osthaus und Matsukata gleichermaßen von dem Gedanken angetrieben, die Kunst der Moderne einem breiten Publikum zugänglich zu machen.

 

 

Die Journalistin Karolina Wróbel ist sowohl in der Hochkultur, als auch in der Berliner Lokalszene zu Hause.

 

 

 

Renoir, Monet, Gauguin. Bilder einer fließenden Welt
6.2. – 15.5.2022
Museum Folkwang
Museumsplatz 1
D-45128 Essen
Tel.: +49-201-8845000
Di – So 10 – 18 Uhr, Do + Fr 10 – 20 Uhr
Eintritt: 14 €, erm. 8 €
www.museum-folkwang.de

Text: Karolina Wrobel
Bild: Museum Folkwang
Erstveröffentlichung in kunst:art 84