David Lynch kennt man in erster Linie als Filmemacher. Tatsächlich begann sein künstlerischer Werdegang aber mit einem Studium der Malerei. Auch seine grafischen Arbeiten wirken vielmehr über die Stimmungslage, die der Künstler ihnen angedeihen ließ. Lynchs Lithografien sind ab 2007 in Paris entstanden an einem Ort mit Historie: der Druckerei Idem im Hinterhof an der Rue du Montparnasse – bekannte Künstler wie Picasso, Matisse oder Braque ließen dort schon ihre Grafiken produzieren. Lynchs rätselhafte Lithografien wie auch die überaus populären Druckwerke der Klassiker der Moderne sind nun im Essener Museum Folkwang zu sehen.
Die Ausstellung „Chagall, Matisse, Miro. Made in Paris“ fokussiert Paris als bedeutendes Zentrum der künstlerischen Druckproduktion. 250 Einzelobjekte, darunter 42 Künstlerbücher und Mappenwerke, 75 druckgrafische Einzelblätter, 32 Plakate, 16 Gemälde und ein Video lassen den Rundgang durch zehn Räume zu einem kurzweiligen Erlebnis werden. Gleich im ersten Raum ist Nostalgie angesagt: eine alte Druckerpresse ist zu sehen, mit deren Lithografiestein einst ein Plakat von Toulouse-Lautrec gedruckt wurde. Auch ein Jahrhundert später hat sich die Technik in der Herstellung der grafischen Blätter nicht verändert, wie man am Ende des Parcours feststellen kann.
Der letzte Raum ist dem Regisseur David Lynch gewidmet. In einem kleinen Kinosaal kann man seinen Kurzfilm „Idem Paris“ sehen, der dokumentiert, wie Lynchs Druck „Murdered Woman In A Burning Car“ hergestellt wird. Kunsthistorisch misst die Ausstellung der Verbindung von Grafik und Malerei große Bedeutung bei. Ausgewählte Gemälde von Chagall, Matisse, Miró oder Picasso markieren stilistische und thematische Gemeinsamkeiten. Bereits in der Mitte des 19. Jahrhunderts beginnt die künstlerische Druckproduktion: Von spezialisierten Druckwerkstätten und Verlegern gehen Initiativen für bestimmte Werke aus.
Bedeutende Künstlerbücher entstehen, deren Ankauf nun auch für ein breiteres Publikum erschwinglich wird. Lithografische Plakate und kleinformatige Druckgrafiken sind bald groß in Mode. Henri de Toulouse-Lautrec und Théophile-Alexandre Steinlen begeistern mit exzellenten Druckgrafiken und lithographischen Originalplakaten, deren Lebensfreude zu spüren sind. Mit Holzschnitten, Radierungen und Lithografien wecken Max Ernst, Pablo Picasso, Joan Miró und Henri Matisse das Interesse für ihre Werke.
Nach literarischer Vorlage gestalten sie einzigartige Künstlerbücher mit Originalgrafiken, die den zugrundeliegenden Text auf besondere Weise illustrieren. Gezeigt werden auch Chagalls Künstlerbuch „Les sept péchés capitaux“ mit Radierungen zu den sieben Todsünden und Picassos Illustrationen zu „La Tauromaquia“, einer Anleitung zum Stierkampf. Henri Matisse ist mit „Jazz“ vertreten, ein Hauptwerk seiner Künstlerbücher, und Joan Miró fasziniert mit seinem Künstlerbuch „A toute épreuve“, in dem er Gedichte des französischen Autors Paul Éluard illustriert. Beliebte Motive wie das Plakat von Théophile-Alexandre Steinlen für „Le Chat noir“ oder die Illustrationen von Marc Chagall für den spätantiken Liebesroman „Daphnis und Chloe“ vermitteln schließlich ein anschauliches Bild aus der Blütezeit der Druckgrafik in Paris.
Stefan Simon hat Kunstgeschichte und klassische Archäologie studiert und arbeitet als freier Autor und Kurator.
Chagall, Matisse, Miró. Made in Paris
bis zum 7.1.2024
Museum Folkwang
Museumsplatz 1
D-45128 Essen
Tel.: +49-201-8845000
Di – So 10 – 18 Uhr, Do + Fr 10 – 20 Uhr
Eintritt: 10 €, erm. 6 €
www.museum-folkwang.de
Text: Stefan Simon
Bild: Museum Folkwang
Erstveröffentlichung in kunst:art 94
