Zu DDR-Zeiten war die Gründung der Lyonel-Feininger-Galerie in Quedlinburg 1986 die letzte eines Museums im Arbeiter- und Bauernstaat. In diesem Jahr, 2023, erfolgte die Umbenennung in Museum Lyonel Feininger – Welterbestadt Quedlinburg.
Die Werke des deutsch-amerikanischen Künstlers Lyonel Feininger (1871–1956) gehören zu den bedeutendsten der klassischen Moderne. Der passionierte Radler erkundete mit Vorliebe Landstriche wie an der Ostsee oder in Thüringen, die er unterwegs auf Papier festhielt. Legendär sind seine Städteansichten, wie zum Beispiel seine Halle-Bilder, die in der Stadt an der Saale vor Ort entstanden.
Bis zum 8. Januar erweitert das Museum Lyonel Feininger seine Dauerausstellung um ein „plus“. Die Sonderausstellung zeigt neben raren Stadtansichten und maritimen Motiven die private Seite des Künstlers als Ehemann und Vater. Darunter sind Postkarten, die sich die Familienmitglieder schrieben. Für Weihnachten hatte Feininger selbst die Dekoration angefertigt und sie wurde wohl über Jahre hinweg zu jedem Weihnachtsfest verwendet. Diese Mischung zwischen privaten und selten gezeigten Arbeiten Feiningers sind für das Haus etwas Besonderes. Feiningers Verbindung zu Quedlinburg ist in der Freundschaft zu Hermann Klumpp begründet. Der Kunstsammler ermöglichte 1937 der Familie Feininger, in die USA auszureisen. Klumpp verwaltete und versteckte die Werke des Künstlers vor den Nazis, die er nicht mitnehmen konnte.
Es ist seit über 25 Jahren die erste große Retrospektive, die die Kunsthalle Schirn Lyonel Feininger widmet, der in Deutschland wohl seine intensivste Zeit als Künstler hatte, bevor die Nazis das politische Klima vergifteten.
Lyonel Feininger, der von der Karikatur kam und erst spät zur Malerei fand, hatte seinen eigenen Stil, der sich nicht allein auf die Malerei und Grafik beschränkte. In der Schau sind erst vor einigen Jahren wiederentdeckte Fotografien zu sehen. Bekannt ist der Künstler wie bereits erwähnt für seine genialen Bilder von Städten, die bis heute zeitlos erscheinen und in der sehr klaren Bildsprache zu begeistern wissen. Präsentiert werden in der Ausstellung selten gezeigte Werke wie „Die Radfahrer (Das Radrennen)“ (1912), „Selbstbildnis“ (1915) oder „Manhattan I“ (1940).
Rund 160 Gemälde, Zeichnungen, Aquarelle, Karikaturen, Holzschnitte, Fotografien und Objekte sind in der Ausstellung zu erkunden. Zu den zahlreichen internationalen sowie nationalen Museen als Leihgebern sowie privaten Leihgebern zählt auch das Museum Lyonel Feininger – Welterbestadt Quedlinburg.
Die Schau beleuchtet Arbeiten aus dem gesamten künstlerischen Schaffen des Künstlers, das sechzig Jahre umfasst. Die Vielseitigkeit Feiningers erschließt sich hier den Besuchern in einer neuen Betrachtungsweise. In den Vordergrund werden unter anderem seine Holzschnitte gerückt. Ein Metier, in dem er als Meister gilt. Von 1918 bis 1920 entstanden an die 320 Holzschnitte. Auch wenn Feininger anfangs bestimmten Entwicklungen wie der Fotografie skeptisch überstand, verschlossen hat er sich ihnen nie.
Nadja Naumann ist quasi mit den vielen Besuchen im Museum der Moritzburg in Halle/S. mit dem Werk Feiningers groß geworden, das dort bis heute stets präsent ist.
Feininger plus
1.10.2023 – 8.1.2024
Museum Lyonel Feininger
Welterbestadt Quedlinburg
Schlossberg 11
D-06484 Quedlinburg
Tel.: +49-3946-68959380
Mo + Mi – So 10 – 18 Uhr
Eintritt: 9 €, erm. 6 €
www.museum-feininger.de
Lyonel Feininger. Retrospektive
27.10.2023 – 18.2.2024
Schirn Kunsthalle Frankfurt
Römerberg
D-60311 Frankfurt
Tel.: +49-69-2998820
Di – So 10 – 19 Uhr, Mi + Do 10 – 22 Uhr
Eintritt: 12-14 €, erm. 10-12 €
www.schirn.de
Text: Nadja Naumann
Bild: Schirn Kunsthalle Frankfurt
Erstveröffentlichung in kunst:art 94