Wilde Tiere!

Schirn Kunsthalle Frankfurt | bis zum 3.2.2019

Themenausstellung in der Frankfurter Schirn Kunsthalle

Heutzutage ist der Begriff Wildnis mehr ein Versprechen oder eine dumpfe Erinnerung denn etwas, das es tatsächlich noch zu geben scheint. Die Flecken der Erde, die man noch als Wildnis bezeichnen kann, kennen die meisten von uns nur aus dem Fernsehen. Und mit dem Klein- und Großgetier, das sich dort tummelt, würden sich die meisten von uns dort nicht wohlfühlen – und dennoch haben wir eine Sehnsucht in uns nach Wildnis!

In der Kunst ist das nicht anders: Tiger, Löwen und Elefanten sind beliebte Motive, wilde Natur und exotische Tiere in ihrer Lebenswelt ebenso. Das Fremde, das Unbeherrschbare, das Unvorhersehbare fasziniert Künstler seit jeher und fasziniert sie auch heute noch. Die schillernden Farben der Pflanzen und Tiere, die Abstufungen von Erdbrauntönen, das Flirrende der sich durch Blätter kämpfenden Sonnenstrahlen und der Dampf des verdunstenden Monsunregens sind der Traum eines Virtuosen der Farben.

Die Schirn Kunsthalle widmet sich nun also der Wildnis und begreift diese durchaus differenziert: Da ist die dokumentierte Wildnis in Fotografie und Film, die bereits in den 1860ern in den USA begann und bis zu Julian Charrière führt, der entlegenste Winkel der Erde aufsucht, um Reste der Wildnis zu finden. Weiter führt das zu einem Verständnis der Wildnis als eines künstlerischen Erfahrungsraumes: Per Kirkeby, den zahlreiche Reisen nach Grönland führten, Georgia O’Keeffe, die die Wüste im Südwesten der USA und das dortige Licht inspirierte oder die Lichtexperimente eines Heinz Macks in der nordafrikanischen Wüste. Die Wildnis war für sie alle inspirierend und als Erfahrung maßgeblich.

Doch neben der Wildnis der Natur stellt sich die Ausstellung auch dem Thema Wildnis des Menschen als Gegenpol zum Fortschrittsglauben. Quasi das Tier im Menschen, das sich Bahn bricht und auflehnt gegen Kontrolle und Konvention. Stellvertretend für den Kampf Wildnis gegen Kontrolle stehen literarische Vorlagen wie Melvilles „Moby Dick“ oder filmische wie „King Kong“. Der Drang, das Wilde zu bezwingen als innerer Kampf von Trieb und Konvention, wird dort deutlich. In einer letzten Abteilung geht es um die Wildnis während oder nach der Herrschaft des Menschen über die Erde. Sei es als Refugium, das die Menschheit absichtlich unberührt lässt, oder als Zustand der Welt in einer postapokalyptischen Gesellschaft.

Allein wenn man die Liste der teilnehmenden Künstler betrachtet, verspricht das ein Fest für Augen und Hirn: Denn Julian Charrière (*1987), Tacita Dean (*1965) und Mark Dion (*1961) als Vertreter der jüngeren Künstler haben mehrfach bewiesen, dass intelligente Kunst zugleich auch ästhetisch überzeugen kann. Unvergesslich ist die Ausstellung von Dion im Marta Herford, legendär die Arbeit Julian Charrières, bei der er einem Eisberg mit dem Bunsenbrenner zu Leibe rückt. Und Namen wie Gerhard Richter, Heinz Mack, Jean Dubuffet, Max Ernst, Henri Rousseau und Frank Stella – um nur einige zu nennen – sprechen schon seit vielen Jahren für sich selbst. Inmitten der Frankfurter Skyline findet man nun also künstlerische Antworten auf die Frage nach der Wildnis!

Wildnis
1.11.2018 – 3.2.2019
Schirn Kunsthalle Frankfurt
Römerberg
D-60311 Frankfurt
Tel.: +49-69-299882112
Di – So 10 – 19 Uhr, Mi + Do 10 – 22 Uhr
Eintritt: 9 €, erm. 7 €
www.schirn.de

Erstveröffentlichung in kunst:art 64 | Text Christian Corvin
Bild Schirn Kunsthalle