Das GRASSI Museum für Angewandte Kunst Leipzig zeigt vom 16.4. bis 16.10.2016 historisches und zeitgenössisches Kunsthandwerk und Design aus den Niederlanden und Flandern. Die Niederlande und die Region Flandern sind Ehrengast der diesjährigen Buchmesse in Frankfurt/Main. Präsentiert werden rund 300 flämische und niederländische Kunstobjekte aus den Sammlungen des Museums: Von den berühmten kobaltblau bemalten Fayencen der Delfter Manufakturen des 17. und 18. Jahrhunderts bis hin zu zeitgenössischen Keramik-, Glas-, Metall – und Schmuckarbeiten.
Einen Großteil der Exponate erhielt das Museum in den vergangenen Jahren als Schenkung, wobei die Schenkung der Rotterdamer Sammlerin Rosemarie Willems hervorzuheben ist. Die niederländische Autorin Bregje Hofstede (*1988) und die aus Flandern stammende Autorin Annelies Verbeke (*1976) bereichern die Ausstellung mit jeweils einem literarischen Text, die als Erstveröffentlichungen im Ausstellungsflyer erscheinen.
Das GRASSI Museum für Angewandte Kunst Leipzig verfügt über einen großen Bestand an Delfter Fayencen des 18. Jahrhunderts. Erstmals wird eine Auswahl daraus in größerem Zusammenhang präsentiert. Die Stadt Delft war mit bis zu 34 gleichzeitig produzierenden „Fabriquen“ das bedeutendste Zentrum der Fayence-herstellung in Mitteleuropa des 17. und 18. Jahrhunderts. Sämtliche Manufakturen waren bestrebt, das aus Übersee importierte teure chinesische Porzellan möglichst perfekt nachzuahmen. Eigenes Porzellan gab es in Europa in dieser Zeit noch nicht. Wohlhabende niederländische Bankiers und Kaufleute aufstrebender Städte wie Amsterdam, Den Haag und Rotterdam verlangten nach prunkvollen Ausstattungen, die neben kostbaren Möbeln, Stoffen und Gemälden auch edle Geschirre und Fliesen umfassten. Um die Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert spielten niederländische und flämische Künstler und Manufakturen eine bedeutende Rolle. Henry van de Velde (1863-1957) war einer der wichtigsten und vielseitigsten Künstler der Region und durch seinen internationalen Wirkungskreis ein moderner Europäer – ganz im heutigen Sinne. Auch der Niederländer Jan Eisenlöffel (1876-1957) war als Gestalter weit über die Grenzen seines Landes hinaus bekannt. Unter den international erfolgreichen Firmen sind vor allem die Keramikmanufakturen von Gouda und Rozenburg (bei Den Haag) hervorzuheben.
Flämisches und niederländisches Kunsthandwerk und Design ab der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts ist vor allem durch keramisch arbeitende Künstler vertreten. Die Bandbreite ist groß: Vom klassischen Gefäß der 1960er Jahre bis zur zeitgenössischen Skulptur von Carolein Smit (*1960) reicht das Spektrum. Die Arbeiten dieser niederländischen Keramikerin, die ihr Atelier im flämischen Teil Belgiens betreibt, stehen für skurrile, von historischen Wunderkammern inspirierte Plastik. Diese Charakteristik zeigt sich auch im Werk anderer Künstler und zieht sich durch mehrere Dekaden als roter Faden. Ebenso verhält es sich mit der Vorliebe für die leuchtende Farbkombination aus Blau und Weiß. Ihr begegnet man im zeitgenössischen Kunsthandwerk und Design oft als „augenzwinkernde“ Hommage an die Tradition der Fayence oder als ironisch gemeinter Kommentar zu verbreiteten Klischees von „typisch holländisch“. Holzarbeiten, Glasgefäße und -skulpturen sowie eine Anzahl von Schmuckstücken, die teilweise am Sandberg Institut/ Gerrit Rietveld Akademie in Amsterdam entstanden, ergänzen das vielfältige Bild der Ausstellung.
Text: Grassi Museum | Foto: Grassi Museum
Externer Link: Grassi Museum
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