Alfred Kubin und seine Sammlung

1.6 – 18.9.16 | Kunstforum Ostdeutsche Galerie Regensburg

Der böhmische Zeichner und Illustrator Alfred Kubin (Leitmeritz/Böhmen 1877 – 1959 Zwickledt/Österreich) wurde durch seine phantasiereichen Darstellungen bekannt. Die Ausstellung „Alfred Kubin und seine Sammlung“ gibt einen besonderen Einblick in diese faszinierende Welt voller skurriler Gestalten, indem sie einige der Inspirationsquellen des Künstlers aus seinem eigenen Besitz zeigt. Über 100 von Kubins eigenen Blättern werden ebenso vielen Werken anderer Künstler aus seiner Sammlung gegenübergestellt. Darunter befinden sich Druckgrafiken und Zeichnungen von Max Beckmann, Pieter Bruegel d. Ä., Albrecht Dürer, Paul Gauguin, Francisco de Goya, James Ensor, Lovis Corinth und Edvard Munch. Zum ersten Mal werden auch 50 Bücher aus Kubins umfangreicher Bibliothek zu sehen sein. Die Ausstellung, die am 30. Juni eröffnet, hat das Kunstforum Ostdeutsche Galerie von der Landesgalerie Linz des Oberösterreichischen Landesmuseums übernommen.

Kubin und seine Sammlung

Kubin setzte sich intensiv mit anderen Künstlern auseinander und sprach oft von deren Bedeutung für sein eigenes Schaffen. Manche der für ihn wichtigen Werke fanden auch den Weg in seine Privatsammlung. Durch Kauf, Tausch und Schenkung trug Kubin rund 1.700 Druckgrafiken und Zeichnungen vom späten 15. bis ins 20. Jahrhundert zusammen. Neben Namen, die die europäische Kunstgeschichte prägten, finden sich hier auch zahlreiche Beispiele fernöstlicher, insbesondere japanischer Kunst. Sowohl seine Sammlung als auch die große Bibliothek waren für Kubin nicht nur aus künstlerischer Sicht, sondern auch als ein privater Zufluchtsort von essentieller Bedeutung. Sie verraten viel über die Persönlichkeit des Künstlers, über seinen Geschmack und sein individuelles Kunstverständnis. Während die Kunstwerke aus seinem Besitz in der Landesgalerie Linz sowie in der Albertina in Wien bewahrt werden, befindet sich seine Bibliothek immer noch in Kubins Wohnhaus in Zwickledt bei Wernstein am Inn.

Die Ausstellung: Groteske Wesen, Schlangendamen und Dämonen

Sein eigenbrötlerisches Leben im entlegenen Schloss Zwickledt und seine unheimlichen Themen brachten Kubin schon zu Lebzeiten die Aura eines mysteriösen Schöpfers ein, die er seinerseits gerne beförderte. Ganz dem von Freuds Psychoanalyse geprägten beginnenden 20. Jahrhundert entsprechend, speisten sich seine phantasiereichen Szenen vielfach aus den eigenen Träumen. Die oft düstere Atmosphäre sowie konkrete Motive verarbeitet er in seinem eigenen Roman „Die andere Seite“ (1909).

Die Ausstellung „Alfred Kubin und seine Sammlung“ führt Kubins Schaffen im Kontext seiner äußeren Inspirationsquellen vor Augen. Sie ist in sechs thematische Bereiche gegliedert. Kubins eigene Werke finden sich in direkter Nachbarschaft zu den Arbeiten anderer Künstler aus seiner Sammlung wieder. So kann der Betrachter inhaltliche Zusammenhänge, ähnliche kompositorische Lösungen oder technische Parallelen entdecken.

Den Auftakt bilden Darstellungen von Tieren, die für Kubin ähnlich wie für viele seiner Zeitgenossen als allegorische Wesen von Bedeutung waren: Sie können für eine idealisierte Reinheit, aber auch für eine visualisierte innere wie äußere Bedrohung des Menschen stehen. Neben Pferden sind in Kubins Motivwelt insbesondere Schlangen anzutreffen. Es folgen Porträts von realen und literarischen oder symbolischen Gestalten. Unter dem Titel „Groteske Köpfe und Figuren“ sind die für Kubin charakteristischen Mischwesen, Monster und seltsamen Kreaturen versammelt, die in Blättern u. a. von Pieter Bruegel d. Ä., Giovanni Battista Tiepolo oder Honoré Daumier ihr Gegenüber haben. „Idol und Schlangendame“ erfasst Kubins zweigesichtiges, seiner Zeit verhaftetes Bild der Frau: Sie ist zugleich Bedrohung und Bedrohte, Verführerin und Verführte. Besonders im Frühwerk wird die Frau dämonisiert und strahlt mittels ihrer körperlichen Reize oder unheimlichen, hexenhaften Erscheinung eine große sexuelle Anziehungskraft aus.

Das Konvolut an 120 Werken ostasiatischer Kunst in seiner Sammlung belegt Kubins Begeisterung für fernöstliche Kulturen, mit deren Dichtung, Mythen und Kunst er sich ebenfalls beschäftigte. Eine Auswahl aus diesen Drucken und Originalgrafiken zeigt die Verwandtschaft zwischen Kubins Gestalten und den japanischen Totengeistern, Dämonen und Fabelwesen. Vielfach übernahm Kubin formale Gestaltungsweisen und integrierte sie in stilistische und inhaltliche Kontexte der europäischen Kultur.

Alfred Kubins Faszination für Erscheinungen, die abseits des rational Erfassbaren angesiedelt sind, sowie sein Interesse an phantastischen Visionen bestimmen sein Werk wesentlich. Seine „Dämonen und Nachtgesichte“, denen sich der letzte Raum der Ausstellung widmet, haben in mehreren Höllen- und Versuchungsszenen – etwa von Hieronymus Bosch und Albrecht Dürer – sowie zahlreichen Darstellungen von Gespenstern – etwa von James Ensor – ihre Pendants.

Die Ausstellung wurde von der Landesgalerie Linz des Oberösterreichischen Landesmuseums übernommen. Das Konzept stammt von der Leiterin der Landesgalerie Linz, Mag. Gabriele Spindler, sowie von Mag. Monika Oberchristl, Grafische Sammlung der Landesgalerie Linz. Für  die Ausstellungsräume im Kunstforum Ostdeutsche Galerie wurde die Präsentation von der  Leiterin der Grafischen Sammlung im Kunstforum Ostdeutsche Galerie, Dr. Nina Schleif, angepasst. Der größte Teil der Leihgaben stammt aus dem Bestand des Linzer Museums, vier Blätter wurden von der Albertina Wien geliehen. Zwei Arbeiten von Kubins Weggefährten Hans Fronius und Oskar Laske aus der Sammlung des Kunstforums Ostdeutsche Galerie beleuchten Kubins Verbundenheit mit seiner Sammlung aus der Sicht von Zeitgenossen. Das KOG besitzt mit 108 Originalarbeiten und über 200 Lithografien einen bemerkenswerten Bestand an Werken von Alfred Kubin. Eine Auswahl wurde 2010 in der Ausstellung „Alfred Kubins Nebenwelten“ vorgestellt.

Der die Ausstellung begleitende Katalog wurde von der Landesgalerie Linz des Oberösterreichischen Landesmuseums übernommen.

 

Text: Kunstforum Ostdeutsche Galerie Regensburg | Foto: Kunstforum Ostdeutsche Galerie Regensburg
Externer Link: Kunstforum Ostdeutsche Galerie Regensburg

 

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