Der Kunstpreis der Werner-Stober-Stiftung für das Jahr 2016 wird an Lisa Kränzler, Absolventin der Staatlichen Akademie der Bildenden Künste Karlsruhe, verliehen. Die Auswahl für dieses Stipendium trafen Mitglieder des Professorenkollegiums der Akademie.
Lisa Kränzler, 1983 in Ravensburg geboren, studierte von 2005 bis 2010 an der Staatlichen Akademie der Bildenden Künste Karlsruhe bei Anselm Reyle, Prof. Günter Umberg, Andreas Karl Schulze, Rainer Splitt und Prof. Tatjana Doll. 2011 war sie Meisterschülerin von Tatjana Doll.
Lisa Kränzler ist als Malerin wie auch als Schriftstellerin tätig. 2012 veröffentlichte sie ihren ersten Roman „Export A“. Im selben Jahr gewann sie beim Bachmann-Wettbewerb den 3sat-Preis für einen Auszug aus „Nachhinein“, ihrem zweiten Roman, der 2013 erschien. Das Buch stand auch auf der Shortlist für den Preis der Leipziger Buchmesse 2013 und wurde mit dem Märkischen Stipendium 2014 ausgezeichnet. 2014 schließlich folgte ihre Veröffentlichung „Lichtfang“. Lisa Kränzler, die an der Freiburger Außenstelle der Karlsruher Kunstakademie ihr Studium absolvierte, wurde 2014 auch mit dem Reinhold-Schneider-Förderpreis, dem Nachwuchs-Kulturpreis der Stadt Freiburg, geehrt. Das Museum für Literatur im Prinz-Max-Palais Karlsruhe zeigte 2016 die erste große Einzelausstellung „Fetzen“ der Künstlerin Lisa Kränzler.
Der Stober-Preis ist die erste Auszeichnung, die Lisa Kränzler ausdrücklich für ihr künstlerisches Werk erhält. Sie lebt und arbeitet in Karlsruhe. Das Schreiben bestimmt auch einen Teil der Arbeiten, die Lisa Kränzler nun in ihrer Präsentation mit dem Titel KUX zum Kunstpreis der Werner-Stober-Stiftung in der Städtischen Galerie Karlsruhe zeigt. Jedes Blatt ihrer 110-teiligen, durchnummerierten Serie KUX wird zunächst in eine mechanische Schreibmaschine eingespannt und beschriftet. Dann sind die Arbeiten für zeichnerische Eingriffe bereit. Es werden geschwärzte Worte, Sätze, Zeilen zu Bildelementen. „Zeichnungen auf der Basis von Text“, „Zeichen-Zeichnungen“, „Zettel“ oder „Fetzen“ nennt Lisa Kränzler diese Blätter, die sowohl gelesen als auch wie ein Bild betrachtet werden können. Setzt man die 110 Einzelteile lesend (bzw. betrachtend) zusammen, erhält man ein (Bau)-Teil ihrer „Riesenschreibmaschine“. Die Idee der „Riesenschreibmaschine“ verfolgt die Künstlerin schon seit ihrer Studienzeit. Sie ist zum einen von geplanter Dinghaftigkeit, indem diese von solchen Ausmaßen sein soll, dass sie mit der Kraft des ganzen Körpers bedient werden kann. Zum anderen umfasst sie ein äußerst komplexes Denkgebäude, dem Lisa Kränzler zusammen mit Tomaso Carnetto, dem Leiter der Frankfurter Visual Academy of Art, ein umfassendes schriftliches Manifest gewidmet hat, das im Verbrecher-Verlag erschienen ist. „Kränzler und Carnetto verweben in ihrem Manifest die Kunst mit dem Leben, den Text mit dem Körper, sie schaffen die Handschrift ab, um das Textschreiben in eine Choreografie verwandeln zu können“, schreibt Jörg Sudermeier zu der Veröffentlichung. Dabei befinden sich die beiden Künstler in stetem Dialog, aus dem sich das gedankliche Konstrukt zur „Riesenschreibmaschine“ entwickelt.
Davon, dass Lisa Kränzler in ihrer Serie zum Lesen und Schauen gleichermaßen auffordert, erzählt auch der Ausstellungstitel KUX, der „zum Kucken“ animieren soll. Doch für die Künstlerin und Autorin, die mit KUX die Augenhöhle eines roten „Schädelbergs“ beschriftet, ist die Buchstabenkombination mehr als doppelsinnig. Das Wort KUX, das auch einen Teil-Stollen im Bergbau bezeichnet, gerät zu einem Gedankenberg, der sich Teil für Teil wie die ausgestellten Arbeiten zusammenfügt. Der Teil jenes „Stollens“ führt die Künstlerin auch zu sich selbst, zu ihrem Namen zurück: Denn „Kränzler“ wurden einst jene Menschen genannt, die Kuxe, die einzelnen Stollen-Teile, als Beteiligungen gegen Rendite unter die Leute brachten.
Was überaus konzeptionell klingt, soll jedoch für Lisa Kränzler das Gegenteil darstellen. In ihre vielschichtige Gedankenwelt einzutauchen ist für den Betrachter nur ein Angebot. So hofft die Künstlerin, dass „jedes Ding seine eigene Präsenz hat und seine Wirkung auch ohne die Geschichte entfaltet“. Ihr kommt es auf die „Wahrnehmung“ an, „auf die Kraft von Wort und Farbe“. Ihrer Folge KUX stellt sie deshalb in der Ausstellung noch großformatige Arbeiten auf Papier mit Lack und Tusche zur Seite, die zum unbefangenen Umgang mit der Kunst der Malerin und Schriftstellerin geradewegs einladen.
Die Ausstellung KUX mit den Arbeiten von Lisa Kränzler wird im ersten Obergeschoß der Städtischen Galerie Karlsruhe gezeigt. Die Verleihung des Kunstpreises der Werner-Stober-Stiftung 2016 findet während der Eröffnung der Ausstellung am Mittwoch, 8. Februar 2017, um 19 Uhr statt.
Die Werner-Stober-Stiftung ist eine rechtsfähige Stiftung des privaten Rechts mit Sitz in Karlsruhe. Der 1990 verstorbene Karlsruher Architekt Werner Stober hat zugleich mit seinem Testament in einer Satzung die Aufgaben der von ihm gegründeten Stiftung festgelegt. Die Stiftung verfolgt gemäß §2 dieser Satzung die folgenden Zwecke: „Unterstützung alter, hilfsbedürftiger Menschen, Förderung der Ausbildung und Anerkennung von Leistung und Kreativität durch Zuwendungen, Stipendien oder Preise in Schulen, Wissenschaft, Architektur und Kunst sowie im mittelständischen Bereich von Industrie und Handwerk, insbesondere in der Holz-, Kunststoff- und Glasverarbeitung“.
Text: Städtische Galerie Karlsruhe | Foto: Städtische Galerie Karlsruhe
Externer Link: Städtische Galerie Karlsruhe
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