Indien ist ein Land der Farben, der Götter verschiedenster Religionen, alter Traditionen und moderner Entwicklungen. Die Ausstellung Reflections of India zeigt mit zeitgenössischen Fotografien wie in einem Kaleidoskop Ansichten von einem Land, dessen spirituelle Prägung noch immer lebendig ist und dessen Faszination gerade für Künstler bis heute ungebrochen ist. In der Schau begegnen sich die Werke dreier Fotografen aus Deutschland und den USA: die während der letzten mehr als zehn Jahre entstandenen, großformatigen farbigen Tableaus von André Wagner (*1980 in Burgstädt, lebt in Berlin); die 1989 entstandene und nun erstmals veröffentlichte Indien-Serie von Manfred Paul (*1942 in Schraplau bei Halle [Saale], lebt in Berlin) und die 2010/13 entstandene Serie Darshan der gebürtigen Inderin Manjari Sharma (*1979 in Mumbay, lebt in New York und wird in den USA von der Richard Levy Gallery und ClampArt vertreten).
André Wagner reiste 2004 zum ersten Mal mit 108 Filmen („einer mystischen Zahl“) und seitdem immer wieder nach Indien, das seine Wahrnehmung von Zeit und Raum, von Moment und Ewigkeit, sein Denken und Sehen veränderte. Konzentriert auf die Kraft spiritueller Energien hat sich André Wagner in den letzten Jahren verstärkt Pilgerern und heiligen Orten zugewandt. Seine großformatigen Fotografien übersetzen mit der modernsten fotografischen Technik und ihrer Anwendung zwischen Moment- und Langzeitaufnahme die der hinduistischen Religion innewohnende überzeitliche Dimension in das fotografische Bild. Wagners Fotografien führen in eine Bildwelt, in der sich Tradition und Gegenwart, Zeit und Raum überlagern. Seine Bilder verweisen auf die Tiefe der Geschichte, aus der religiöse Praktiken und Vorstellungen bis in unsere Tage reichen, denen viele Menschen in Indien ungebrochen folgen.
Manfred Paul zählt zu den wichtigsten Vertretern der Autorenfotografie in Deutschland. 1989 bereiste er mit einer Gruppe von Künstlern aus der DDR Indien. Wie in seiner bis dahin entstandenen, von einem differenzierenden und kultivierten Sehen geprägten Schwarz-Weiß-Fotografie erfasste er damals mit sensiblem und zugleich präzisem künstlerischem Blick in Indien Menschen, alltägliches Leben auf den Straßen und in ländlichen Gebieten bei aller Fremdheit ohne verklärende Exotik. Seine Fotografien aus Indien sind Ansichten einer Tiefendimension, die sich in den Hinterhöfen des Prenzlauer Bergs in Berlin ebenso wie in seinen Ansichten aus einem fremden Land und dessen Menschen wiederfindet.
In aufwändigen, sorgfältig hergestellten Settings, die den aus mythischen Erzählungen gespeisten traditionellen Darstellungen folgen, inszenierte und fotografierte Manjari Sharma indische Gottheiten. Der Titel dieser Serie Darshan ist ein im Hinduismus und Buddhismus vielschichtiges Wort. Es kann sowohl die Begegnung zwischen Personen mit positiver Auswirkung meinen als auch eine segensreiche Versenkung in die Anschauung einer Gottheit oder ihrer Abbilder. Die 2001 nach New York übergesiedelte Künstlerin setzt sich in ihrer „Re-Kreation“ mit den Bildwelten ihres Herkunftslandes und deren (Nach-)Wirkungen auseinander – nicht nur mit einer traditionellen, religiös fundierten, sondern auch mit der populären Bild-Ästhetik von Film- und Medienbildern im modernen Indien. Sharmas Foto-Serie verweist auf die vielgestaltig-bunte, erzählfreudige und nicht selten zum Aberglauben tendierende Frömmigkeit Indiens, die ihre Wirkung auch in der Bilderflut des Medienzeitalters hinterlässt.
Text: Kunstmuseum Moritzburg | Foto: Kunstmuseum Moritzburg
Externer Link: Kunstmuseum Moritzburg
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