Man kennt verschiedene Ikonen der Fotografie: Das Aufstellen der amerikanischen Fahne auf der Insel Iwojima durch sechs US-Soldaten, Marilyn Monroe mit wehendem Kleid auf einer Lüftungsanlage oder die brennende Hindenburg. Das „Kraftwerk der Volkswagen AG“ ist sicherlich nicht ganz so bekannt wie die obigen Beispiele, aber innerhalb der Architekturfotografie gilt dieses Bild als stilbildend. Insbesondere dieses Foto begründet den Ruf von Heinrich Heidersberger (1906–2006) als einer der führenden Architekturfotografen der Nachkriegszeit.
Die Stadt Wolfsburg lud den Fotografen 1961 ein und Heidersberger lebte und arbeitete seitdem bis zu seinem Tod in der VW-Stadt. Gut 130.000 Bilder hinterließ er aus den Gebieten Architektur, Reportage, Industrie und Werbung sowie algorithmische Experimente. 2002 wurde das Institut Heidersberger im Schloss Wolfsburg gegründet, wo seitdem sein Œuvre archiviert, aufgearbeitet und publiziert wird. Dieses Institut ist auch federführend dafür verantwortlich, dass zum fünfzigsten Jahrestag des Bildes „Kraftwerk der Volkswagen AG“ in ganz Wolfsburg und darüber hinaus Ausstellungen, Veranstaltungen und alle möglichen Events stattfinden.
Neben einer Ausstellung im Kunstmuseum Wolfsburg, die noch bis zum 14. 11. 2021 zu sehen ist und in der es ausschließlich um das Foto „Kraftwerk der Volkswagen AG“ und seine Geschwister (22 weitere Aufnahmen Heidersbergers mit dem gleichen Motiv zwischen 1958 und 1977) geht, wartet die Städtische Galerie Wolfsburg vom 9. 11. bis zum 29. 11. 2021 mit dem partizipativen Projekt „Mein Kraftwerk“ auf. Alle sind aufgerufen, das Kraftwerk ebenfalls zu fotografieren, und eine Auswahl wird als Plakat in Wolfsburgs Straßen gezeigt. Geheimtipp und Favorit vieler Feinschmecker sind die „Kraftwerk-Schnitten“, die es in der ersten Novemberhälfte in den Filialen der Bäckerei Cadera in Wolfsburg geben wird.
Text: Christian Corvin
Erstveröffentlichung in kunst:art 82