Zwei Avantgardisten im Geiste vereint

24.6. – 15.10.2023 I Museum Moderner Kunst Wörlen Passau

Pablo Picasso in seiner Villa "La Californie" bei Cannes, 1957

Pablo Picasso im Museum Moderner Kunst Wörlen Passau

Zum 50. Todestag der Künstler-Ikone des 20. Jahrhunderts widmet auch das Museum Moderner Kunst Wörlen Passau Pablo Picasso eine umfassende Soloausstellung. Die von Dr. Marion Bornscheuer und Anna Wagner kuratierte Schau zeigt mehr als hundert grafische Werke aus rund vierzig Jahren Schaffensphase – allesamt Leihgaben des Münchener Sammlers Helmut Klewan. Klewan, geboren 1943 in Bad Friedrichshall, der bis dato auf ein ebenso kulturell prall gefülltes Leben zurückschauen kann wie der Meister der Moderne selbst, verbrachte den größten Teil seiner Kinder- und Jugendjahre in Österreich und kam bereits durch sein Elternhaus mit Kunst und Antiquitäten in Berührung. Als Jugendlicher reiste er in der Funktion des Händlers oft selbst nach Polen oder Prag, um feines Silber und edle Jugendstil-Vasen für die österreichische Kundschaft aufzuspüren. 

Klewan verkehrte im Dunstkreis des Wiener Aktionismus, Kurt Kalb und Arnulf Rainer zählen zu seinen Freunden, dessen Schwarze Bilder und Übermalungen mitunter den Grundstock seiner Sammlung ausmachen. Er gründete 1970 seine erste eigene Galerie in Wien und siedelte 1977 aufgrund besserer Umsätze nach München über.

Seinen Sammlungsbestand potenzierte er dann durch Druckgrafiken von Émile Bernard und Pablo Picasso, gepaart mit Werken von Wiener Impressionisten wie Carl Moll und Tina Blau. Seit Jahrzehnten also hat Klewan eine beachtliche, mannigfaltige Sammlung aufgebaut – neben Alberto Giacometti, Francis Bacon, André Masson, Joseph Beuys, Giorgio de Chirico, Cy Twombly, Christian Ludwig Attersee, Maria Lassnig, deren Arbeiten er schon ab den frühen 1980ern sammelte, sowie ihren Schülerinnen Mara Mattuschka, Regina Götz und Johanna Freise –, zu der auch druckgrafische Konvolute und Zeichnungen Picassos gehören. 

Seine Sammlungsschwerpunkte waren seiner Zeit oft voraus, er kaufte gegen den Mainstream häufig von noch unbekannten Kunstschaffenden mit Humor und Kitsch angereicherte Werke und legte so ein sehr avantgardistisches Verhalten an den Tag – nur eine Analogie zwischen dem Sammler Klewan und dem Künstlergenius Picasso.

Das Menschenbild in Form von Porträtkunst und Selbstbildnissen ist eidetischer Schwerpunkt dieser bedeutenden Privatsammlung. Und auch zu den Hauptmotiven von  Picassos mannigfaltigem Bilderkosmos zählt immer wieder der Mensch, vor allem Mann und Frau als Emblem des Lebens, das Verhältnis der Geschlechter zu- und miteinander: Porträts seiner Frauen wie in „Marie-Therese en femme torero“ (1934, Radierung), Musen und Freunde wie in „Paul Éluard“ (1956, Lithografie), Gegenüberstellungen von Knabe und Frau oder Mädchen und Greis, Akte oder Manifeste der menschlichen Sexualität wie in „Lüsterner und hilfloser alten Mann mit spanischer Prostituierter“ (1970, Radierung), die stets als immense Triebfeder seiner Kunst fungierten, offenbaren sein thematisches Leitmotiv immerfort. Sammler und Künstler gemein ist ihre progressive Haltung, der Mut, abseits vom Populären und unbeirrt der gemeinhin vorherrschenden Meinung zu agieren, Neues zu wagen und so wegweisend zu wirken – wahre Avantgardisten eben!

Paula Wunderlich lebt und arbeitet im Rheinland.

Pablo Picasso. Die Sammlung Klewan
24.6. – 15.10.2023
Museum Moderner Kunst Wörlen Passau
Bräugasse 17
D-94032 Passau
Tel.: +49-851-3838790
Di – So 10 – 18 Uhr
Eintritt: 10 €, erm. 7 €
www.mmk-passau.de

Text: Paula Wunderlich  
Bild: Museum Moderner Kunst Wörlen Passau
Erstveröffentlichung in kunst:art 92