
Schräge Töne, vermutlich
Das Bild zeigt in leichter Untersicht einen mittelalten, etwas korpulenten Herrn, der, in möglicherweise humoristischer Absicht, angetan mit geringeltem T-Shirt nebst passender Mütze, mit Macht in seine Trompete bläst: „Karneval im Altersheim“. Ein Foto aus lang vergangener Zeit, der Frühgeschichte sozusagen des Multikünstlers Thomas Schütte. Der absolvierte nämlich in den 1970er-Jahren seinen Zivildienst eben in einem Altersheim und hat damals, in dokumentarischer oder auch schon künstlerischer Absicht, das Leben dort fotografiert: jeden der Bewohner im Einzelporträt.
Die geschilderte Szene aus dem Unterhaltungsprogramm ist zu sehen in der jüngsten, dem Künstler gewidmeten Soloschau in der Hamburger Produzentengalerie. Diese (nun auch schon ein halbes Jahrhundert existierende und immer noch aktuell relevante) Galerie war einer der ersten Ausstellungsorte, an denen man dem aufstrebenden Künstler Thomas Schütte in den 1980ern begegnen konnte. Seine frühen Werke changierten zwischen kargem Architekturmodell und Skulptur, die Münsteraner „Kirschensäule“ erheiterte den öffentlichen Raum, später kam figürliche Plastik in großen Dimensionen hinzu. Die jetzt wiederentdeckten Fotos aus dem Heim nun sind Rückblick, nostalgisch oder melancholisch, eines enorm vielseitigen Künstlers, der sich doch, über alle technischen und formalen Wandlungen hinweg, stets sehr ernsthaft für die condition humaine interessiert hat.
Thomas Schütte. Karneval im Altersheim
5.9. – 8.11.2025
Produzentengalerie Hamburg
Admiralitätstr. 71
D-20459 Hamburg
Tel.: +49-40-378232
Di – Fr 12 – 18 Uhr, Sa 12 – 15 Uhr
Eintritt frei
www.produzentengalerie.com
