Die Musik des Lebens

3.4. – 7.8.2022 | Langen Foundation

Sean Scully, Air Cage, 2020, Foto S. Drüen

„Ich wuchs in einer Welt der Musik auf. Ich bin Ire, also ist mein Verständnis der Welt in hohem Maße durch ihre fließenden, sich wiederholenden Rhythmen geprägt (…)“ – so erklärt Sean Scully (* 1945 in Dublin) seine enge Beziehung zur Musik und beschreibt zugleich prägnant die Schnittmenge mit seiner Kunst: Rhythmisiert gerasterte Flächen fügen sich zu seinen charakteristischen Bildkompositionen, die in vertikale und horizontale Streifen malerisch übereinander gelegter Farbschichten unterteilt sind. „Ein Streifen ist eine Note, viele sind ein Akkord, alle werden von Hand gespielt.“

Scully studierte ab 1965 am Croydon College of Art in London, an der Newcastle University und an der Harvard University in Cambridge, bevor er 1975 nach New York zog und dort 1977 seine erste große Einzelausstellung hatte. Und New York ist auch der Ort, an dem er beginnt sich mit der abstrakten Malerei auseinanderzusetzen, die fortan für seine Kunst konstituierend sein wird.

Die Wechselbeziehung zwischen Kunst und Musik spielte bereits im Aufkommen der historischen Avantgarde eine zentrale Rolle und wurde durch die Verbindungen der Minimal Art mit der Minimal Music in den 1960er-Jahren noch weiter intensiviert.

Nun widmet die Langen Foundation diesem thematischen Kern im Œuvre des irischen Künstlers die Ausstellung „Song of Colors“ und arbeitet ihn diachron auf: von seinen frühen Papierarbeiten der ausgehenden 1960er-Jahre, die in Gouache auf Papier noch ebenso der Formsprache des Minimalismus folgen wie seine Gemälde der frühen 1970er-Jahre, über seine populären, raumgreifenden Großformate der 1980er- und 1990er-Jahre, die das kontinuierlich wiederkehrende Motiv der Rasterung umsetzen mittels variierenden Farbschichtungen. Diese generieren sich jeweils aus dem Zusammenspiel mit seiner situativen Umgebung und können somit als Spuren seines Lebens zu deuten sein, die sich im Werk manifestieren. Der Bogen der Neusser Ausstellung spannt sich bis hin zu Scullys jüngsten Gemälden, die er teils auf Aluminium ausführt, ohne das Thema der Rasterung zu verlassen, sowie zu seinen neuen skulpturalen Arbeiten, die sein malerisches Konzept erstmals in eine dritte Dimension transponieren. Dabei ist die Struktur von Flächen, Farben und Kompositionselementen, als seien es Töne unterschiedlicher Klangfarbe, Länge und Lautstärke, all diesen Werkgruppen gemein.

Sowohl seine Gemälde als auch die Skulpturen finden in der Langen Foundation einen passenden Präsentationsrahmen: Die puristische, mit natürlichem Licht durchflutete Architektur von Tadao Ando unterstützt die Wahrnehmung der raumgreifenden Formate seiner Malerei, und das weitläufige Außengelände bietet Raum für drei seiner monumentalen Skulpturen. So können sich Sean Scullys visuelle Rhythmen in minimalistischer Umgebung auf besondere Weise entfalten: „Ich möchte permanent Kombinationen und Verbindungen neu schaffen, die wie der Rhythmus der Musik des Lebens sind.“

 

 

 

 

Sean Scully. Song of Colors
3.4. – 7.8.2022
Langen Foundation
Raketenstation Hombroich 1
D-41472 Neuss
Tel.: +49-2182-570115
Di – So 10 – 18 Uhr
Eintritt: 8 €, erm. 5 €
www.langenfoundation.de

Text: Ninja Elisa Felske
Bild: Langen Foundation
Erstveröffentlichung in kunst:art 85