Begemanns Blog | Filmperlen: Wie klaut man eine Million? (1966) | Teil 1

Was heißt hier echt?

Der Prozess um die Fälschungen von Wolfgang Beltracchi, von den Medien je nachdem mit moralischer Empörung oder offener Häme behandelt, hat vor fünf Jahren bekanntlich heftig Wogen geschlagen, aber Kunstfälschung ist seit je für Skandale gut – oder für Komik!

Massive Kunstfälschung bildet auch den Hintergrund für einen Film, den ich wirklich mag, eine wahre Perle im umfangreichen Schaffen von William Wyler: Wie klaut man eine Million? von 1966. Der Regisseur hatte mit früheren Filmen wie der bitteren Kriegsheimkehrergeschichte Die besten Jahre unseres Lebens (The Best Years of our Lives) (1946), vor allem aber dem sensationellen Sandalenepos Ben Hur (1959) zahlreiche Oskars abgeräumt, musste also offenbar sich und anderen nichts mehr groß beweisen und konnte folglich dieses Spätwerk mit ebenso sicherer wie leichter Hand inszenieren. Hauptfiguren der im Paris jener Zeit angesiedelten Geschichte ist der renommierte Sammler Charles Bonnet, seine Tochter Nicole – und ein cleverer Versicherungsdetektiv. Die Verwicklungen sollen hier nicht zu detailliert aufgedröselt werden, nur so viel: Die legendären und in der Szene gerühmten Meisterwerke der Sammlung Bonnet, ein Cezanne, ein van Gogh und andere stammen sämtlich aus – der Hand des Sammlers!

Der betreibt nämlich im Hinterzimmer seines barocken Stadtpalais eine komplette Fälscherwerkstatt, zu welcher der Zugang raffiniert getarnt ist durch einen gewaltigen antiken Schrank, dessen bewegliche Rückwand nach dem Öffnen den Weg zu einer engen Treppe freigibt. Die Schwindel erregenden Preise, die diese (gefälschten) Werke auf Auktionen erzielen – denn natürlich lässt sich Wyler nicht entgehen, das Theater einer solchen Veranstaltung in seinem Film als Spannung steigerndes Element zu benutzen – dienen freilich weniger dem „gewerbsmäßigen Bandenbetrug“ (so seinerzeit der juristische Fachterminus im Fall Beltracchi), sondern dank ererbten Vermögens, (immer gut sowas…) mehr einem quasi sportlichen Ehrgeiz. Denn schließlich, so erwidert Vater Bonnet (gespielt von Hugh Griffith) auf die sanften töchterlichen Vorwürfe, „Wieso ist mein Van Gogh schlechter als Van Goghs van Gogh?“ In der Tat, das ist eine gute Frage…

Teil 2 folgt am 14.3.2016

Text: Dieter Begemann

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Begemanns Blog: Sternschnuppen An dieser Stelle soll es um ästhetische Sternschnuppen gehen und, wie es die Schnuppen so machen, sollen sie hin und her zischen auf manchmal verblüffenden Kursen – kreuz und quer! Ich konnte (und musste zum Glück mich auch nie) entscheiden zwischen praktisch-bildkünstlerischen und theoretischen Interessen: Ich liebe Malerei und Bildhauerei, begeistere mich für Literatur, bin ein Liebhaber von Baukunst und Design –aber meine absolute Leidenschaft gehört der Gestaltung von Gärten und Autos. Und, eh ich’s vergesse: natürlich dem Film!!

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