Der Mensch schafft und erschließt sich immer wieder neue Räume. Weil er die Möglichkeit hat und die technischen Fähigkeiten. Weil ihn die Neugier antreibt und ihm der Drang zur Selbstverwirklichung gegeben ist. Weil er immer auf der Suche ist. Der Wille zur Optimierung und die Lust am Risiko treiben ihn an.
Das Zeppelin Museum stellt im ersten Teil der Ausstellung den scheinbar unendlichen Raum der Höhe in den Fokus. Seit der Mensch den Ballon Ende des 18. Jahrhunderts einigermaßen beherrscht, steigt er damit immer höher. Er begann, die ihm gesetzten Grenzen mit technischen Mitteln zu überwinden: vom offenen Korb, über die Luftschiffgondel zwingt er seinen Körper in immer engere Kugeln und Kapseln. In der Höhe jenseits der sauerstoffreichen Zone stößt er schnell an seine Grenzen. Der Mensch konstruiert technische Lösungen für künstliche Räume, die ihm das Überleben in lebensfeindlichen Höhenzonen ermöglichen sollen. Ein wesentlicher Schritt dazu war die Entwicklung der Druckkabine.
Im Streben in die Höhe kulminieren unterschiedliche wissenschaftliche Disziplinen, Motivationen, Erkenntnisse und Interessen. Mit dem konzentrierten Blick auf ein technikgeschichtliches Thema untersucht die Ausstellung auch das Zusammenspiel von Mensch, technologischem Wandel und Medien.
Einige der gezeigten Exponate:
Ballonkorb von Eduard Spelterini (um 1900); Maybach Mb IVa Höhenmotor; Gefütterte Lederkombination eines Fliegers um 1915; Höhenatemanlage Dräger von 1926; Druckkugel des Stratosphärenballonaufstieges von Auguste Piccard und Paul Kipfer im Jahr 1931; Anzug und Kapsel von Felix Baumgartner/red bull stratos 2012; russischer Raumanzug: Sokol- K
Im zweiten Teil der Ausstellung richtet sich der Blick zeitgenössischer Künstler auf Bilder und Inhalte, die wir selbst von uns auf Blogging-Plattformen, Videoportalen und sozialen Netzwerken im digitalen Raum preisgeben. Dabei treten die alltägliche Konfrontation mit medialen Bildern und die tägliche Nutzung digitaler Medien und deren Einfluss auf das menschliche Verhalten sowie die Sprache in den künstlerischen Fokus.
Spannend ist die Frage, was dabei mit dem Körper passiert – und noch passieren wird. Wird er mit technischen Mitteln verändert und optimiert, löst er sich im digitalen Raum auf?
In der Ausstellung können die Besucher interaktive Körper- und Wahrnehmungserfahrungen machen. Ob in einer nachgebauten Höhenkapsel oder in den Videoboxen der Künstler, wo komische und skurrile Bilder auf ernste Hintergründe treffen, die den Menschen neben seinem technisch-ambitionierten Bestreben als biotisches, psychisches, gesellschaftliches, mitteilungsbedürftiges und moralempfängliches Wesen präsentieren. Sind wissenschaftliche gentechnologische Errungenschaften moralisch und ethisch vertretbar? Wie kann wissenschaftliche Forschung verantwortungsvoll gegenüber der Gesellschaft eingesetzt werden?
Die Individualität als ein hohes Gut des Menschen wird dabei auf den Prüfstand gestellt. Inwieweit wird der Mensch durch Sozialisierung und Bildung restringiert und inwieweit wird sein Körper ökonomisiert? Die Rolle des menschlichen Glaubens wird anhand eines Jesus-Castings hinterfragt. Eine Beinprothese als Blickfang der Hauptdarstellerin in einem Pop-Video reflektiert die Fähigkeit des Menschen, an sich selbst zu glauben.
Teilnehmende Künstlerinnen und Künstler: AES+F Group, Christian Jankowski, Jon Rafman, Eva Kot‘átková, Ryan Trecartin, Marnix De Nijs, Sašo Sedlaček, Tim Berresheim, Revital Cohen & Tuur Van Balen, Art Orienté Objet, Heather Dewey-Hagborg, Eduardo Kac, Viktoria Modesta, Hiroshi Ishiguro und Mariechen Danz.
Text: Zeppelin Museum | Foto: Zeppelin Museum
Externer Link: Zeppelin Museum
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