Es ist nichts Neues, dass das Sammeln und Ordnen als Welterfahrung auch Rückschlüsse auf eine individuelle Wahrnehmung und Wertschätzung eines Sammlers zulässt. Unter dem Ausstellungstitel »Wir sind, was wir sammeln« – ein Zitat aus der Schrift »Logik der Sammlung« von Boris Groys – gibt das Museum einen repräsentativen Einblick in eine der bedeutendsten Privatsammlungen im süddeutschen Raum. In diesem breit gefächerten Umfang wurde die prominente Kollektion bis heute noch nie öffentlich zugänglich gemacht, nicht zuletzt ein Grund für das Museum, einer Sonderausstellung erstmals beinahe die komplette Ausstellungsfläche zu widmen. Der Bildhauer Lothar Fischer, der mit dem Kunstliebhaber in Kontakt stand und sich für ausgewählte Werke aus dessen Sammlung interessierte, hätte diesen Schritt sicherlich sehr begrüßt.
Den Auftakt der Sonderausstellung bildet eine Zeichnung aus dem vielseitigen Werk von Pablo Picasso. Sie wird einer großen Arbeit von Renato Guttuso gegenübergestellt, die auf einer intensiven Auseinandersetzung mit dem Schaffen des spanischen Jahrhundertmalers und prägenden Einflüssen beruht. Am anderen Ende des Spektrums moderner Kunst arbeitete Willi Baumeister, der die gegenstandslose Kunst vorantrieb. Von ihm wie auch von Jean Fautrier werden zu Beginn des Ausstellungsrundgangs wichtige Arbeiten zu sehen sein. Unmittelbar nach 1945 entwickelt sich die ungegenständliche Formensprache weiter, die in der Schau durch unterschiedliche Künstler wie Serge Poliakoff, Emil Schumacher, Jean-Paul Riopelle, Henri Michaux, Antoni Tàpies oder später Walter Stöhrer vertreten wird. Die Wiederbelebung von Farbe und Figur bezeugen Bilder der Mitbegründer der Künstlergruppe CoBrA (1948 –1951) wie Asger Jorn oder Karel Appel. Sie waren in dieser Hinsicht auch für die von Lothar Fischer mitbegründete Gruppe SPUR (1957–1965) von Bedeutung.
Der Sammler interessierte sich aber nicht nur für Malerei, sondern auch für Bildhauerei, deren Positionen er bewusst gleichstellte. Davon zeugen Plastiken und Zeichnungen von Henry Moore, Marino Marini und Fritz Koenig, denen die Kabinette des Bildhauermuseums gewidmet sind. Den Abschluss der Wechselausstellung bildet ein Saal, in dem neben den von der Pop-Art beeinflussten Tonplastiken Fischers auch Arbeiten von Andy Warhol, Roy Lichtenstein sowie Sigmar Polke und Gerhard Richter zu sehen sind.
Die größte Ausstellungsfläche wird von dem international agierenden irischen Maler Sean Scully und dem englischen Bildhauer Anthony Gormley bespielt. Das großformatige Triptychon »Musik« von Scully, ein Auftragswerk für das Sammlerehepaar, zeigt den für ihn bildprägenden Aufbau aus unterschiedlichen Kombinationen von vertikalen und horizontalen sich überlagernden Farbfeldern mit ihrer haptischsinnlichen Oberflächenstruktur. Anthony Gormleys hohe Metallplastik bildet ein Gegengewicht zu Scullys Querformat und behandelt den menschlichen Körper als Thema.
Darüber hinaus sind unter anderem bedeutende Einzelarbeiten von Horst Antes, Georg Baselitz, Günter Haese, Per Kirkeby, Norbert Kricke oder Niki de Saint Phalle präsent. Letztere nimmt mit ihrer »Nana ange« innerhalb des gezeigten Sammlungskonvoluts als einzige vertretene Künstlerin eine außergewöhnliche Position ein, nachdem sie bereits in den 1960er Jahren vom Sammler zu einem Happening nach München eingeladen worden war. Dieses Ereignis war sicher nicht der einzige Grund, aber doch ein prägendes Moment für den Kunstliebhaber, in den Folgejahren sukzessive seine herausragende Sammlung aufzubauen, was nicht zuletzt zu zahlreichen persönlichen Künstlerfreundschaften führte.
Text: Museum Lothar Fischer | Foto: Museum Lothar Fischer
Externer Link: Museum Lothar Fischer
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