von Sabine Scheltwort //
Welche Ausstellung könnte besser in eine Zeit passen, in der Rationalität und Aufklärung unter Dauerbeschuss stehen durch Despoten und Verschwörungstheoretiker, Reichsbürger und Fake-News-Produzenten? Künstler waren schon immer fasziniert von den Schattenseiten und seelischen Abgründen, weil sie wissen, dass die leuchtende Vernunft nur die eine Seite des Menschen ausmacht. So lässt sich neben der abstrakten eine zweite, untergründige Linie der Moderne ziehen von Arnold Böcklins Toteninsel über den Surrealismus bis in die Gegenwart.
Die Stadtgalerie Kiel setzt nun in Kooperation mit dem Kunsthaus Bethanien die neue schwarze Romantik mit über 30 Künstlern und Filmemachern in Szene: vom zarten Weltuntergangspathos bis zu schauerlichem Neobarock. Gregor Hildebrandt lässt im schwarzweißen Bild „Mosaik – A ce soir“ eine Frau langsam ins Wasser steigen, wobei sie schon formal hinter Querstreifen untergeht, und gestaltet einen schwarzen Spiegel aus Kassetten- und Videobändern. Keine Romantik ohne Naturbilder: In seinen düsteren Landschaften „Undead“ zeichnet Sven Drühl die Konturen von Gemälden romantischer Großmeister mit Silikon nach und überzieht sie mit Schwarztönen. Der Prager Krištof Kintera verbindet Zivilisationskritik mit schwarzer Romantik. Er steckt einen blattlosen Ast in einen Kanister und hisst daran eine schwarze Fahne: eine Plastiktüte, die sich in den Zweigen verheddert hat. Gegen diese apokalyptische Vision nehmen sich Martin Eders Porträts gefallener Engel geradezu lieblich aus.
Text aus der kunst:art 57
Neue Schwarze Romantik
16.9. – 31.10.2017, Stadtgalerie Kiel
Andreas-Gayk-Str. 31, D-24103 Kiel
Tel.: +49-431-9013400
Di – Fr 10 – 17 Uhr, Do 10 – 19 Uhr, Sa + So 11 – 17 Uhr
Eintritt: 4 €, erm. 1 €
www.kiel.de/de/kultur_freizeit/stadtgalerie
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