Alles monochrom. – Jason Martin im Schauwerk Sindelfingen

bis zum 28.1.2018 | Schauwerk Sindelfingen

 

von Dr. Milan Chlumsky //

 

An den sonnigen Tage an den Stränden von Jersey ließ der junge Jason Martin seine Hand über den feinen Sand gleiten oder beobachtete den Flug der seltenen Papageientaucher aus gebührender Höhe eines schroffen Felsens. Der Blick von oben in das fast monochrome Türkisblau des Meeres dürfte sich für immer eingeprägt haben.

Mit 18 siedelte Jason Martin samt Familie nach London über, wo er zunächst am Chelsea School of Art studierte, bevor er an das renommierte Goldsmith College wechselte. Der 1970 geborene Künstler beteiligte sich 1997 an der legendären „Sensation“ Ausstellung mit Werken aus der Sammlung Saatchi in der Royal Academy in London. Seine großformatigen monochromen Bilder auf spiegelnden Edelstahl-, Aluminium- oder lichtdurchlässigen Plexiglasscheiben reflektieren eine besondere Oberflächenstruktur oder rufen durch den pastosen Auftrag die Illusion der Tiefe hervor: Ergebnis einer langen Suche, die mit den von ihm speziell angefertigten großflächigen Pinseln oder Kämmen erzeugt wurde.

Und ähnlich wie beim fast monochromen Azurblau des sich ständig bewegenden Meeres in den schwer zugänglichen Buchten (der Unterschied zwischen Ebbe und Flut kann auf Jersey bis zu 12 Meter betragen) war es Jason Martin ein besonderes Anliegen, auch seinen monochromen „Landschaften“ eine schimmernde Struktur mit plastischer Wirkung zu verleihen. Inzwischen lebt der Maler auch im portugiesischen Alentejo, einer idyllischen Landschaft, die ihm als Inspirationsquelle dient.

Interessanterweise sind seine beiden Ateliers in zwei verschiedenen Orten untergebracht: eines in einem früheren Nachtklub von Melides und eines in der nicht weit davon entfernten „Hütte“ in Comporta. Beide haben eine spezielle Funktion. In dem Größeren arbeitet Martin an größeren Installationen in Mixed-Media; hier nutzt er meist Acrylfarbe, während in der „weißen Hütte“ Arbeiten in Öl entstehen. Martin hat sich entschieden, nach einer längeren Pause zu dem traditionellen Ölverfahren zurückzukehren, wobei auch dies ein physischer Akt bleibt. Hier geht es darum, die Farbe pastos auf den Untergrund aufzutragen und dabei auf ihre spezifischen Eigenschaften zu achten. Während er von barocker Üppigkeit und fast ballettartigen Arbeitsvorgängen bei den Installationen erzählt, ist es bei der Ölmalerei ganz anders. Hier hat Martin das Gefühl, etwas Substantielles mit dieser Technik zu transportieren, schon weil eine ganz andere Technik verlangt wird, da die auf der Oberfläche entstandenen Furchen, Rillen und Brüche viel langsamer als in Acryl trocknen.

Das Schauwerk Sindelfingen zeigt jetzt seine Werke der letzten 20 Jahre. Martin empfindet sich „immer als Landschaftsmaler, der sich als Maler der Abstraktion verkleidet“. Die meisten Arbeiten haben eine reale Vorlage. sind aber eher ein Abbild der inneren Imagination: „Wenn Sie sich meine Werke anschauen, sehen sie im Hintergrund imaginäre Räume als eine Art von Projektionen, die sich mit ihrer mentalen Vorstellung verbinden. Für mich ist also die Figuration und das Abstrakte auf wunderschöne Weise durchdrungen.“

 

Jason Martin. Werke 1997–2017
bis zum 28.1.2018, Schauwerk Sindelfingen
Eschenbrünnlestr. 15/1, D-71065 Sindelfingen
Tel.: +49-7031-9324900
Di + Do 15 – 16:30 Uhr, Sa + So 11 – 17 Uhr
Eintritt: 8 €, erm. 5 €
www.schauwerk-sindelfingen.de

 

Text aus der kunst:art 57

Hinterlasse jetzt einen Kommentar

Kommentar hinterlassen