Es blieb bis zum Schluss spannend: Kommt die 86jährige japanisch-amerikanische Künstlerin Yoko Ono zur Ausstellungseröffnung im Museum der bildenden Künste nach Leipzig? Das Museum hielt sich diesbezüglich bedeckt. Zwei Stunden vor der Eröffnung erreichte Direktor Alfred Weidinger der Anruf, der alle Hoffnungen begrub. Die Ärzte hatten der Witwe von John Lennon von der strapaziösen Reise abgeraten. Dem großen Zuspruch der Ausstellung tat das allerdings keinen Abbruch. Im Gegenteil. Bereits in den ersten Tagen der Schau schnellten die Besucherzahlen des Museums in die Höhe.
Vor 50 Jahren setzte die Künstlerin mit der Protestaktion „Bed In“ mit John Lennon weltweit ein Zeichen gegen den Krieg in Vietnam. Die in Tokyo geborene Künstlerin hat sich in ihren Werken zudem mit dem Thema Gewalt auseinandergesetzt. Sie selbst war betroffen, als ihr Mann am 8. Dezember 1980 auf offener Straße in New York erschossen wurde. Wie ein roter Faden durchzieht die Thematik Krieg und Frieden das Lebenswerk von Yoko Ono. Sie selber brachte es vor einigen Jahren auf den Punkt: „Free you – Free me – Free us – Free them“.
Vor fünf Jahren wurde die Künstlerin mit einer Retrospektive in der Schirn Kunsthalle Frankfurt/M. geehrt, doch in Leipzig ist ihre bisher umfangreichste Ausstellung in Deutschland zu sehen. Yoko Ono gehört zu den einflussreichsten und zugleich umstrittensten Künstlerinnen der Gegenwart. Sie gilt als Pionierin von Konzeptkunst und künstlerischer Performance sowie als eine der überragenden Wegbereiterinnen der amerikanischen Fluxus-Bewegung. Schon 1961 zeigte sie in einer Schau Anleitungen statt Bilder und Objekte. Diese kommen auch in Leipzig zum Tragen, denn sie entsprechen der künstlerischen Haltung der Künstlerin: „Wenn man die Anleitung liest, erhält man schon eine Vorstellung des Bildes, also warum noch ein Bild produzieren?“
71 Arbeiten und Werkreihen werden in Leipzig gezeigt, die Yoko Ono gemeinsam mit ihrem langjährigen Freund und Kurator Jon Hendricks sowie Alfred Weidinger ausgewählt hat. Die 15 Galerien und sechs tageslichtdurchfluteten Terrassen und Höfe des Museums auf über 3.000 Quadratmetern bieten die ideale Ausstellungsmöglichkeit für die Installationen, Filme, Performances, Fluxus-Arbeiten und sehr selten gezeigten Zeichnungen der Künstlerin.
PEACE is POWER ist keine gewöhnliche Ausstellung! Für die multimediale Arbeit „Arising“ sammelte Yoko Ono Zeugnisse von Frauen, die selbst tagtägliche Gewalt erfahren haben. Das Projekt wird in Leipzig fortgesetzt und innerhalb von nur drei Tagen haben sich mehr als 70 Betroffene gemeldet. Eine erschreckende Zahl. Bei etlichen Kunstwerken werden die Besucher aufgefordert, selbst aktiv zu werden. Zum Beispiel einen Nagel in ein Brett zu schlagen und um ihn anschließend Haare zu wickeln. Ist das Brett voller Nägel, ist das Kunstwerk vollendet. Für eine Variante des „Water Event“ von 1971 bat Yoko Ono deutsche Künstler, Gefäße zu spenden und sie mit Wasser zu füllen. Von 300 Bewerbungen wurden 93 ausgewählt.
Yoko Ono. Peace is Power
4.4. – 7.7.2019
Museum der bildenden Künste Leipzig
Katharinenstr. 10
D-04109 Leipzig
Tel.: +49-341-216990
Di 10 – 18 Uhr, Mi 12 – 20 Uhr, Do – So 10 – 18 Uhr
Eintritt: 10 €, erm. 7 €
www.mdbk.de
Text: Nadja Naumann
Bild: Museum der bildenden Künste Leipzig
Erstveröffentlichung in kunst:art 67