Wenn Diagonalen zu tanzen beginnen

17.8. – 13.10.2019 | Museum im Kulturspeicher

Bridget Riley, Red Red Blue, 2010 (© Bridget Riley, 2018)

Punkte, Streifen, Wellen, Rauten. Die Werke der berühmten englischen Malerin Bridget Riley (Jahrgang 1931) sind durch und durch ungegenständlich. Daher lässt sich kaum vermuten, dass die in London geborene Künstlerin eigene visuelle Eindrücke und Anregungen – vor allem aus der Natur – auf der Leinwand verarbeitet. Doch genau das ist bei Bridget Riley der Fall.

Dank der Auseinandersetzung mit der Kunst des Pointillisten Georges Seurat macht sie Anfang der 1960er Jahre einen riesen Sprung. Ausgehend von der Technik des bedeutenden Post-Impressionisten, der seine Kompositionen aus nebeneinander gesetzten Farbpunkten kreiert und damit die optische Umsetzung von Wirklichkeit in der Malerei weiter revolutioniert, findet Riley eine eigene radikale Bildsprache mit einer weit gefassten Form der Abstraktion. Erinnerungen an das flirrende Spiel von Licht und Schatten in einer sonnenbeschienenen Landschaft, die sie seit ihrer Kindheit in Cornwall gespeichert hat, verwandelt die Künstlerin in große, unendlich dynamische Schwarz-Weiß-Darstellungen aus Dreiecken, Kreisen, Zacken oder Geraden. Und wird mit diesen mutigen Riesenformaten auf Anhieb bekannt. Es folgen Arbeiten in fein abgestuften Grauwerten, die unter anderem durch das Beobachten tanzender Schneeflocken inspiriert werden, sowie um 1968 erste Entwürfe in Farbe. Jetzt interessiert sich Riley für die chromatische Wechselwirkung und Variation einzelner Grundtöne, mit denen sie mittels vertikal oder diagonal angelegter Streifen experimentiert. Mitte der 1970er Jahre findet die Künstlerin dann zu ihren stark schillernden Wellenbildern: mitreißenden malerischen Ereignissen von enormer Anziehungskraft. Überhaupt geht es der Engländerin darum, ein intensives Verhältnis zwischen Werk und Betrachter herzustellen, ohne dabei selbst in Erscheinung zu treten. Um die eigene Handschrift zu eliminieren, beschäftigt sie Assistenten, die ihre Ideen auf der Leinwand ausführen.

Anfang der 1980er Jahre erweitert sie dann – angeregt durch eine Reise nach Ägypten – ihre Palette. Ganz neue Farben wie Orange-Rot, Ocker und Türkis halten Einzug in das Werk. Zehn Jahre später lässt Riley ihre vertikalen Strukturen von diagonalen Elementen aufsplittern, die nach dem Millennium in Form von Kurven zu tanzen beginnen und sich schließlich sogar über den Bildrand hinaus bewegen. Immer wieder überrascht sie die Kunstwelt mit der Vielfalt ihrer Ansätze und wird mit zahlreichen Ausstellungen und Preisen geehrt.

Von August bis Oktober 2019 ermöglicht eine Auswahl von 90 Siebdrucken im Museum im Kulturspeicher in Würzburg, die beeindruckende Entwicklung der Malerin nachzuvollziehen. Ergänzt werden die Druckgrafiken, die zwischen 1962 bis 2016 entstanden sind, durch zwei Gemälde. Als Teil der Sammlung Ruppert, die als Dauerleihgabe im Haus verankert ist, stellen diese beiden Werke von Bridget Riley Kern und Ausgangspunkt der Schau dar.

 

Bridget Riley, Grafik
17.8. – 13.10.2019
Museum im Kulturspeicher
Oskar-Laredo-Platz 1
D-97080 Würzburg
Tel.: +49-0931-322250
Di 13 – 18 Uhr, Mi – So 11 – 18 Uhr, Do 11 – 19 Uhr
Eintritt: 4,50 €, erm. 2,50 €
www.kulturspeicher.de

Text: Julia Behrens
Bild: Museum im Kulturspeicher
Erstveröffentlichung in kunst:art 68