Die Gründerin und langjährige Leiterin des Overbeck-Museums, Gertrud Overbeck, starb am 13. Dezember im Alter von 86 Jahren in ihrem Haus in Bremen-Schönebeck. Mit ihr verliert Bremen eine engagierte Persönlichkeit, die sich ihr Leben lang nicht nur für die Kunst, sondern auch für den Naturschutz einsetzte.
Gertrud Overbeck war viele Jahre als Studienrätin für Deutsch und Biologie in Bremen-Nord tätig gewesen. Zuvor hatte sie in Kiel, Basel und Freiburg studiert. In den 1960er Jahren unterrichtete sie außerdem ein halbes Jahr in London und zwei Jahre lang in den USA. Sie engagierte sich Zeit ihres Lebens in der Umweltschutzbewegung und zählt zu den Initiatorinnen der Aktionsgemeinschaft Bremer Schweiz, die sich bis heute für den Schutz der Auenlandschaft im Bremer Norden einsetzt. Ab 1978 war Gertrud Overbeck maßgeblich an der Planung und Vorbereitung der Ökologiestation in Bremen-Schönebeck beteiligt, um den Freilandunterricht und die Umwelterziehung zu fördern. Als Initiatorin und treibende Kraft hinter dieser Idee ist es vor allem ihr Verdienst, dass die Ökologiestation im Jahr 1979 ihre Türen öffnen konnte und sich bis heute aktiv für Umweltschutz und Artenvielfalt einsetzt. Die Idee des Freilandunterrichts wurde verwirklicht: Nach wie vor besuchen jedes Jahr zahllose Schulkinder, aber auch viele Erwachsene die Ökologiestation, um draußen in der Natur den Reichtum und Wert von Tieren und Pflanzen kennen und achten zu lernen.
Seit 1980 lebte Gertrud Overbeck im Haus ihrer Großeltern, des Künstlerpaares Fritz und Hermine Overbeck, in Bremen-Schönebeck. In dieser Zeit begann sie auch, neben ihrer schulischen Lehrtätigkeit intensiv darauf hinzuarbeiten, ein Museum zu gründen, das dem künstlerischen Schaffen ihrer Großeltern gewidmet sein sollte und so deren umfangreiches Werk erstmals umfassend der Öffentlichkeit zugänglich machen sollte. Sie warb um Mitstreiter, verhandelte mit der Kulturpolitik, gründete einen Verein und eine Stiftung und kümmerte sich persönlich um die wissenschaftliche Erfassung und Aufbereitung des künstlerischen Nachlasses.
Nach vielfältigen Verhandlungen und Vorarbeiten öffnete das Overbeck-Museum im April 1990 – zunächst noch unter dem Namen „Stiftung Fritz und Hermine Overbeck“ – im Alten Packhaus in Vegesack seine Türen. Gertrud Overbeck wurde vom Schuldienst freigestellt und leitete das Museum 17 Jahre lang selbst, weit über ihr Pensionierungsalter hinaus. Mit der Gründung des Overbeck-Museums setzte sie nicht nur ihrem berühmten Großvater Fritz Overbeck ein Denkmal, dem Mitbegründer der Künstlerkolonie Worpswede, sondern machte vor allem auch das Werk ihrer Großmutter, der Malerin Hermine Overbeck-Rohte, bekannt, das nie zuvor öffentlich ausgestellt worden war.
Gertrud Overbeck engagierte sich jedoch nicht nur für den Nachlass ihrer Großeltern, sondern auch für junge Künstlerinnen und Künstler aus Bremen und Umgebung. In zahllosen Sonderausstellungen präsentierte sie deren Werke im Overbeck-Museum und lenkte damit erstmals den Blick auf Bremen-Nord als einen Kunststandort. Sie publizierte und hielt Vorträge, ein wachsendes Netz an Kooperationspartnern und Unterstützern trug dazu bei, dass der Bekanntheitsgrad des Overbeck-Museum stetig weiter wuchs.
Auch nachdem Gertrud Overbeck die Leitung des Overbeck-Museum in jüngere Hände abgegeben hatte – 2007 zunächst an Friederike Daugelat, 2011 an die heutige Leiterin Katja Pourshirazi – stellte sie ihr profundes Wissen und ihre Erfahrung weiterhin in den Dienst des Overbeck-Museums. Als Leiterin des Archivs forschte sie bis zuletzt über die Bilder ihrer Großeltern, gab Werkverzeichnisse heraus, transkribierte die zahllosen Briefe von Fritz und Hermine Overbeck und unterstützte das Overbeck-Museum nach Kräften. Unermüdlich stritt sie für die gute Sache – ob Kunst oder Naturschutz – und erhielt für ihr herausragendes Engagement im Jahr 2010 das Bundesverdienstkreuz aus der Hand des damaligen Bürgermeisters Jens Böhrnsen.
„Wir verlieren eine kluge und mutige Streiterin für die Kunst und einen wunderbaren Menschen“, sagt Museumsleiterin Dr. Katja Pourshirazi. „Sie wird uns so sehr fehlen. Wie oft werden wir in Zukunft denken: Jetzt müssten wir Gertrud Overbeck fragen können. Für das Overbeck-Museum geht eine Ära zuende. Aber wir werden alles daran setzen, das Museum in ihrem Sinne weiterzuführen und dazu beizutragen, dass Gertrud Overbeck und ihr Lebenswerk niemals vergessen werden.“
Im Overbeck-Museum liegt ein Kondolenzbuch aus, in das alle Besucherinnen und Besucher, Freunde und Wegbegleiter ihre Gedanken und Erinnerungen eintragen können.
Text + Bild: Overbeck-Museum Bremen