Das Œuvre neu betrachtet!

8.10.2021 – 6.2.2022 | Schirn Kunsthalle Frankfurt

Dem Gesamtwerk der beliebten Künstlerin Paula Modersohn-Becker widmet die Kunsthalle Frankfurt mit der kommenden Ausstellung „Paula Modersohn-Becker“ eine umfassende Retrospektive. Anspruch der Sonderausstellung ist es, ihr Werk als solches sowie im historischen Kontext neu und in Gänze zu betrachten. Viel wurde in das erst posthum entdeckte Œuvre der Künstlerin bislang hineinprojiziert; häufig waren dies klischeehaft-feminine Themen, welche jedoch bei genauerer Betrachtung gerade den Kontrast Modersohn-Beckers zu ihrer Zeit und Rolle als Frau um 1900 sowie ihre Emanzipation von gesellschaftlichen wie künstlerischen Konventionen offenbaren.

So betrachtet die Schirn mit rund 120 Gemälden und Zeichnungen das teils widersprüchliche Werk von Paula Modersohn-Becker neu und erörtert die Frage nach ihrem speziellen Beitrag zur bildenden Kunst als eine sehr bedeutende Künstlerin der Klassischen Moderne.

Thematisch statt chronologisch gehängt, führt die Schau durch Modersohn-Beckers Auseinandersetzung mit unterschiedlichen motivischen Themen wie Selbstporträts, Porträts, Darstellungen von Kindern, aber auch Akten und Landschaften, und kehrt Parallelitäten und Unterschiede der Werke zu- und voneinander über den Umgang mit der Thematik heraus. Viele Bildnisse zeigen so dargestellt ihre oft wiederkehrende Auseinandersetzung mit bestimmten Themenfeldern, wie den Mutter-Kind-Darstellungen, und veranschaulichen die doch sehr eigene und ihrer Zeit vorauseilende Interpretation der gewählten Sujets. Thematisiert wird auch ihre Beschäftigung mit Werken Cézannes, der älteren Kunstgeschichte und Tendenzen der Pariser Akademie, welche ihre eigenwillige, avantgardistische und künstlerische Entwicklung nachzeichnet.

„Es geht vor allem darum, sie in verschiedenen Aspekten darzustellen“, so Johanna Pulz, Leiterin der Presse- und Öffentlichkeitsarbeit der Kunsthalle. Kernaspekte der Ausstellung sind daher die kritische Betrachtung der oft widersprüchlichen Rezeption ihres Werkes sowie prägnante Serien und Bildmotive, die ihren ganz eigenen Malduktus erhellen, welcher Ausdruck dessen ist, dass Modersohn-Becker sich ihren eigenen Weg als Künstlerin im Unterschied zu malerischen Normen und Konventionen der Künstlerkolonie Worpswede suchte. Besonders sehenswert ist die Ausstellung durch die große Fülle von Leihgaben und Originalen, welche eine nahezu ganzheitliche Zusammenschau aus allen Schaffensphasen erlauben. Auch hochkarätige Schlüsselwerke der Kunstgeschichte wie Modersohn-Beckers “Selbstbildnis am 6. Hochzeitstag“ werden in der groß angelegten Schau zu sehen sein.

Einen eigenen Bereich im Ausstellungsarrangement widmet die Kunsthalle zudem dem Bildausschnitt, welchem in Modersohn-Beckers Werk immer wieder eine besondere Rolle zukommt, und hebt somit einen weiteren interessanten Aspekt im Werk der Künstlerin hervor. Neu betrachtet offenbaren sich dem Besucher spannende Zugänge zum Œuvre Modersohn-Beckers, welches von Oktober bis Februar in der Kunsthalle zu sehen sein wird.

Johanna Bayram lebt und arbeitet in Köln und im Saarland.

Paula Modersohn-Becker
8.10.2021 – 6.2.2022
Schirn Kunsthalle Frankfurt
Römerberg
D-60311 Frankfurt
Tel.: +49-69-2998820
Di – So 10 – 19 Uhr, Mi + Do 10 – 22 Uhr
www.schirn.de

Text: Johanna Bayram
Bild: Schirn Kunsthalle Frankfurt
Erstveröffentlichung in kunst:art 81

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