Rückkehr einer großen Künstlerin

23.10.2021 – 27.2.2022 | Kunstmuseum Solothurn

Ihre wohl bekanntesten Arbeiten sind jene, in denen Meret Oppenheim (1913–1985) tierische mit menschlichen Attributen kombiniert oder eine Assoziation intendiert. Ob es eine mit Tierhaaren überdeckte Hand aus Holz mit lackierten Fingernägeln ist oder umgekehrt drapierte und als halbes Huhn mit Geflügelmanschette auf einem Silbertablett arrangierte Stöckelschuhe sind, es sind Werke, die in Erinnerung bleiben. Zur Darstellung des Talents von Meret Oppenheim und um ihre Werke dem Publikum zugänglich zu machen, hat das Kunstmuseum Solothurn 1974 Meret Oppenheimeine Einzelausstellung gewidmet. Damals begann wohl eine langjährige und nachhaltige Wertschätzung. Denn durch Ankäufe und Schenkungen verfügt das Haus heute über eine aus verschiedensten Schaffensperioden breit aufgestellte Werksammlung der Künstlerin. Im Zuge der wiederkehrenden Vermittlung von Schweizer Zeichnerinnen und Zeichnern des 19. und 20. Jahrhunderts hat sich das Kunstmuseum diesmal mit Oppenheimers „Arbeiten auf Papier“ für die Präsentation einer grafischen Retrospektive entschieden.

Die Konzeption der Ausstellung folgt streng der chronologischen Entwicklung des Werks Meret Oppenheims, bietet aber, um den wiederkehrenden Motiven zu aller Zeit im Sinne der Leitmotivik Rechnung zu zollen, Einschübe.

In den 1930er Jahren emigrierte die Familie, aufgrund der beginnenden Etablierung der Nationalsozialisten und damit einhergehender Diskriminierungen, in die Schweiz. Mit nicht einmal zwanzig Jahren verbringt Oppenheim, die sich nach ihrem Schulabschluss für den Werdegang als Künstlerin entschied, einige Monate in Paris. Dort lernt sie andere Künstler ihrer Zeit kennen. André Breton, Alberto Giacometti, Max Ernst und Sophie Taeuber-Arp inspirierten einander. Oppenheims Werke lassen sie zunehmend als eine Vertreterin des Surrealismus erscheinen. Doch bieten für die Künstlerin auch Kunstrichtungen wie Arte Povera, Pop Art oder Nouveau Réalisme Inspiration und somit stets neue Zugänge zu ihrem Schaffen.

In Solothurn werden diesmal rund hundert Exponate der Jahre 1930–1980 ihrer grafischen Arbeiten auf Papier ausgestellt. Dabei gilt es, die unterschiedlichen Motive wie Frau, Baum, Vogel, Wolken und Himmel, folglich die Natur als Überbegriff, die teils in einzelnen Werken gemeinsam abgebildet sind, zu präsentieren. „Backsteinbaum“ (1954) ist hierfür ein versinnbildlichendes Beispiel. Dabei wird die Wechselwirkung von Natur und Mensch in Oppenheimers Sinn deutlich. Grundmotiv ist ein Zweig, als Teil der Natur. Auf selbigem sind, in geometrischer Form anmutend, Eichenblätter als auch nur geometrisch dargestellte Blätter miteinander dargestellt. Als Leitmotiv kann ihren Bildern der Himmel, vielmehr noch Wolken zugeordnet werden; repräsentativ als umfassender Lebensraum. Denn gleichwohl es um eine Ergänzung geometrischer, also konstruierter Sujetanteile geht, sind die Natur und damit der Himmel und seine Wolken Hauptteile ihrer grafischen Werke.

In der Ausstellung gehört zum Motiv der Frau auch eines der wenigen Selbstporträts von Oppenheim. Und auch dieses ist ein Arrangement der Natur, symbolisch durch die Tätowierung mit Naturfarbe und das Gesicht für den Menschen. Ihre Motive und Stile treten im Abstand mehrerer Jahre wiederkehrend auf und bilden so ein Leitmotiv ihrer Werke. Dies als Entdeckung einer tieferen, metaphorischen Ebene wahrzunehmen gelingt in Solothurn.

 

 

 

Greta Sonnenschein ist als freie Autorin und beim Musiktheater im Regiebereich tätig.

Meret Oppenheim. Arbeiten auf Papier
23.10.2021 – 27.2.2022
Kunstmuseum Solothurn
Werkhofstr. 30
CH-4500 Solothurn
Tel.: +41-32-6244000
Di – Fr 11 – 17 Uhr, Sa + So 10 – 17 Uhr
Eintritt frei
www.kunstmuseum-so.ch

Text: Greta Sonnenschein
Bild: Kunstmuseum Solothurn
Erstveröffentlichung in kunst:art 82

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