Humor, trotz schwieriger Zeiten

8.7. – 18.9.2022 | Städtische Galerie Fruchthalle Rastatt

Kunst macht man, Humor hat man. Doch des Humors bedarf es nicht, um Kunst zu machen. Und wer Humor hat, braucht auch kein Künstler zu sein, erst recht kein Humorist. Und oft ist ohne Humor Kunst kaum zu ertragen. Mag am Ende (der Kunst) der Humor menschlicher sein als die Kunst, so doch nicht am Anfang: Da war die Kunst, und nicht der Humor. Denn wessen humoristischer Einfall sollte das menschliche Leben gewesen sein, das wir mit dem Tod bezahlen?

Timm Ulrichs lässt uns mit dem auf das Augenlid tätowierten „The end“ bei jedem Wimpernschlag immer an das eigene Ende denken – nicht besonders tragisch, vielmehr absurd und skurril. Und wenn Ulrichs mit Blindenarmbinde und dunkler Sonnenbrille mit einem Schild um den Hals verkündet, dass er keine Kunst mehr sehen könne, dann wird die Angelegenheit richtig heiter. Selbstverständlich setzen wir uns über seine Anweisung „Betreten der Ausstellung verboten!“ mit einem Schmunzeln hinweg. Denn würden wir uns an das Verbot halten, dann entginge uns eine wunderbare von Sebastian Schmitt kuratierte Ausstellung. Corona-Pandemie, Krieg in der Ukraine, Klimawandel – es sind wahrlich keine lustigen Zeiten, in denen wir leben. Der Leiter der städtischen Galerie Raststatt sieht aber gerade in dem Aspekt des Humors ein geeignetes Instrument, den Weltgeschehnissen zu trotzen und die Herausforderungen und unangenehmen Situationen des täglichen Lebens zu verarbeiten. Alle Werke verbindet eine humorvolle Grundhaltung und ein Moment des Augenzwinkerns.

Die von rund 15 Künstlern geschaffenen Exponate – Malereien, Fotografien, Skulpturen und Videoarbeiten – verfolgen primär zwar nicht das Anliegen, lustig zu sein, können aber so gelesen werden. Es geht in den Exponaten, ob sie nun von Francis Alÿs, Jochen Mühlenbrinck oder Georg Weißbach stammen, immer um subjektiv empfundene Momente des Absurden und der Heiterkeit. Der eigene Erfahrungshorizont und die kulturelle Prägung sind ganz entscheidend für die Lesart, ob man etwas als lustig empfindet. Der Humor ist auf jeden Fall weg, wenn wir etwas todernst nehmen – und sei es nur das Denken.

Ein Schwerpunkt der Ausstellung liegt neben Aspekten wie Bildwitz, Täuschung und Theatralik auf dem Zusammenspiel von Werk und Titel, wie bei Lisa Mühleisens Arbeit „First step into the unknown“, bei der man erst auf den zweiten Blick den winzigen Dino auf der gemaserten Sperrholzplatte erkennt. Durch diesen Zweiklang entsteht eine Bedeutungsebene, die auch Heiterkeit hervorrufen kann. „Aus diesem Grund dient das Thema hervorragend als Grundlage für Gespräche und Meinungsaustausch“, so der Ausstellungsmacher, dem bei dieser Schau besonders auch eine partizipative Kunstvermittlung wichtig ist. Mit einer internationalen Witzesammlung will er diesen Austausch zwischen Menschen unterschiedlicher Herkunft und unterschiedlichen Alters stützen.

Partizipativ geht es auch zu, wenn die Künstlerin, Humorexpertin und zertifizierte Lachyoga Trainerin Patricia Paryz die befremdliche Erfahrung des Lachens im leisen Museumssaal mit den Teilnehmern übt. Wer Humor hat, ist meistens glücklich: So lassen wir uns von Ulrichs Glückswürfel, dessen Seiten alle sechs Augen haben, schließlich in der Ausstellung schmunzelnd zum Glück verführen.

Stefan Simon weiß als Kunsthistoriker, dass es immer auch auf die Perspektive ankommt.

Schmunzeln – von heiter bis absurd
8.7. – 18.9.2022
Städtische Galerie Fruchthalle Rastatt
Kaiserstr. 48
D-76437 Rastatt
Tel.: +49-7222-9728410
Do – Sa 12 – 17 Uhr, So 11 – 17 Uhr
Eintritt frei
www.galerie-fruchthalle-rastatt.de

Text: Stefan Simon
Bild: Städtische Galerie Fruchthalle Rastatt
Erstveröffentlichung in kunst:art 86

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